Die Baader Bank AG ist mit über 12.000 Skontren Marktführer im börslichen Rentenhandel in Deutschland. Derzeit sieht Klaus Stopp, stv. Bereichsleiter Fixed Income der Baader Bank, neben einer starken Emissionstätigkeit wieder einen klaren Trend hin zu Qualität.
BONDBOOK: Wie unterscheiden sich die Investorenerwartungen bei Aktien und Anleihen?
Stopp: Bei Aktien erhofft sich ein Investor in der Regel Kursgewinne, die zur Dividende hinzukommen. Im Rentenbereich werden die Papiere oft bis zur Endfälligkeit gehalten. Hier stehen Sicherheit und laufende Erträge deutlich stärker im Vordergrund.
BONDBOOK: Welche Investorengruppen sind im Rentenhandel aktiv und werden von Ihnen betreut?
Stopp: Wir betreuen einerseits institutionelle Kunden und Market Maker von Frankfurt, dem Zentrum unseres Rentenhandels, aus und sind andererseits an den Börsen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt und München als Skontroführer für Renten tätig. Dort konzentriert man sich überwiegend auf die Orders von Privatanlegern.
BONDBOOK: Welche Unterschiede gibt es bei der Emission von Aktien und Anleihen?
Stopp: Am Rentenmarkt haben wir im Gegensatz zum Aktienmarkt in diesem Jahr eine wahre Flut von Neuemissionen erlebt. Werden Anleihen endfällig, so werden diese oftmals durch neue Emissionen ersetzt, und zusätzlich gibt es aktuell durch die sogenannte Kreditklemme einen erhöhten Kapitalbedarf.
BONDBOOK: Der Rentenmarkt boomt seit März/April 2009. Wie macht sich dies im Rentenhandel bemerkbar, welche Investorengruppen sind hinzugekommen?
Stopp: Die Skontroführung ist mehr in den Mittelpunkt gerückt. In diesem Jahr sind insbesondere Privatanleger verstärkt am Rentenmarkt aktiv. Die Emittenten werden dem unter anderem bei Neuemissionen durch kleinere Stückelungen gerecht.
BONDBOOK: Wie ist der Bereich Rentenhandel bei Baader entstanden, wie ist er aufgebaut, und welche Bedeutung hat er bei der Baader Bank?
Stopp: Aufgebaut wurde der Bereich in den Jahren 2003/2004. In den Folgejahren wurden mehrere Unternehmen, die im Rentenhandel aktiv waren, hinzugekauft, unter anderem mein eigenes Unternehmen, die SMS Sobota, Maier & Stopp Kursmaklerhandelsgesellschaft mbH. 2004 haben wir unsere Skontren in die Baader Bank eingebracht, womit Baader die Mandate aller Rentenskontren an der Börse München erhalten hat. An den Börsen in Frankfurt und Berlin war Baader bereits zuvor im Rentenhandel aktiv. Die jüngsten Zukäufe sind die N.M. Fleischhacker AG in Frankfurt und die DBM Deutsche Börsenmakler GmbH in Düsseldorf. Insgesamt betreuen wir über 12.000 Rentenskontren an diesen Börsenplätzen.
BONDBOOK: Wie sind die Schwerpunkte von Baader im deutschen Rentenhandel?
Stopp: Wir vereinen die Skontroführung, also die Betreuung von Rentenskontren an den Börsen, und die Betreuung institutioneller Kunden unter einem Dach. Wenn jemand eine größere Order einstellt, haben wir damit auch die Möglichkeit, außerbörslich an institutionelle Marktteilnehmer heranzutreten. So können Orders zur Ausführung gebracht werden, die von einem reinen Skontroführer nicht ausgeführt werden könnten. Der Kunde bekommt damit in der Regel eine schnellere und bessere Ausführung.
BONDBOOK: Welche Kriterien gibt es für die Handelbarkeit von Anleihen?
Stopp: Wir unterteilen unsere Anleihen in verschiedene Liquiditätsklassen. Es gibt z.B. Anleihen mit einem sehr engen Spread, für die wir zusätzlich eine Liquiditätsverpflichtung gegenüber Privatkunden eingehen. Zu den liquidesten Werten zählen Bundesanleihen. Hier wird täglich in Zusammenarbeit mit der Bundesbank an der Börse ein sogenannter Kassakurs festgestellt. Bei diesen Werten der Liquiditätsklasse 1 haben wir eine Liquiditätsgarantie sowohl auf der Geld- als auch auf der Briefseite von 250.000 Euro. Im Regelfall führen wir auch Orders, die diese Grenze überschreiten, vollständig aus. Unser Liquiditätsrating umfasst sechs bzw. sieben Liquiditätsklassen, die z.B. auf der Internetseite der Börse München oder unter www.bondboard.de für jeden Interessenten einsehbar sind.
BONDBOOK: Was sollten Anleger und Anlageberater/Vermögensverwalter in Bezug auf Handelbarkeit, Laufzeit und Rating/Bonität beachten?
Stopp: Bei den Werten der höchsten Liquiditätsklasse sind die Spreads am engsten und somit ist die Handelbarkeit am höchsten. Die Laufzeit hängt natürlich von den individuellen Bedürfnissen und Erwartungen des jeweiligen Investors ab, und auf www. bondboard.de veröffentlichen wir Ratings von Fitch, sofern diese vorliegen. Somit kann sich jeder Investor sein eigenes Bild zu einem speziellen Bond machen.
BONDBOOK: Im Zuge der Finanzkrise sind Ratingagenturen einmal mehr ins Gerede gekommen, auch in den vergangenen Jahren haben diese keinen der großen Flops an den Rentenmärkten vorausgesagt. Wie können sich Anleger zusätzlich über die Bonität der Schuldner informieren?
Stopp: Die Ratingagenturen haben teilweise zu langsam bzw. überhaupt nicht auf die neuen Marktgegebenheiten reagiert. Jeder Investor muss allerdings selbst beurteilen, inwieweit er den Ratings vertraut. Das Rating ist jedoch wichtig für institutionelle Investoren, die nur in gewissen Ratingklassen agieren können. Aber auch die Rendite ist eine Art Gradmesser des Risikos und zeigt an, welchen Zins Unternehmen für ihre Anleihen zahlen müssen. Investoren müssen sich auch darüber klar sein, dass eine Unternehmensanleihe im Grunde nichts anderes als ein Darlehen an ein Unternehmen ist.
BONDBOOK: Wie steht es mit der Transparenz, Überwachung und Preisqualität beim börslichen Handel („Treuhandfunktion“ des Skontroführers)?
Stopp: Die Transparenz und Überwachung sind sehr gut. Die Börsen haben mit den Handelsüberwachungen neutrale Beobachter, die auch kontrollieren, ob die Preise ordnungsgemäß festgestellt wurden. Das heißt, innerhalb einer gewissen Frist und im Vergleich zu anderen Börsenplätzen. Die Preise sind zudem transparent und können im Internet oder den Medien nachvollzogen werden. Damit weist der börsliche Handel einen sinnvollen Dreiklang aus Effizienz, Transparenz und staatlicher Überwachung auf. Der Skontroführer sorgt darüber hinaus in einer Art „Treuhandfunktion“ durch systematische Liquiditätsspende für eine höhere Ausführungsqualität im Sinne des Anlegers. Dadurch werden die Preise, die an der Börse gestellt werden, verbessert und Teilausführungen verhindert.
BONDBOOK: Kann der Rentenmarkt ein Frühwarnsystem für den Aktienmarkt sein? Oder anders gefragt, laufen die Credit Spreads bei Corporate Bonds den Aktienkursen voraus?
Stopp: Nicht immer. Im September 2008 war dies aber der Fall. Corporate Bonds wurden massiv verkauft, während am Aktienmarkt noch Hausse gespielt wurde. Es war relativ klar, dass dies nicht lange gut gehen kann. Generell kann man aber nicht sagen, dass der Rentenmarkt ein Vorläufer für den Aktienmarkt ist. Aktuell passt die Entwicklung, dass sowohl Anleihen als auch Aktien und Rohstoffe/Gold sehr gut performen, nicht zusammen.
BONDBOOK: Und was ist die Schlussfolgerung daraus?
Stopp: Wenn alle Märkte in die gleiche Richtung gehen, dann wird mindestens eine dieser Blasen platzen. Die Frage ist jedoch, welche.
BONDBOOK: Das heißt, für Sie ist die Krise noch nicht vorbei …
Stopp: Nein, noch lange nicht. Die Krise ist nur aufgeschoben. Die Blase lebt in der Blase weiter. Auch wenn in der Staatengemeinschaft vielfach das Prinzip Hoffnung gilt, müssen wir uns darüber klar werden, dass wir uns eine weitere Krise nicht leisten können. Über die Probleme der Finanzbranche ist noch kein Gras gewachsen, sondern es hat sich lediglich Staub darüber gelegt. Wir alle wissen, dass sich der Staub beim kleinsten Windstoß verflüchtigt und die alten Probleme wieder da sind.
BONDBOOK: Und was raten Sie in einer solchen Lage den Anlegern?
Stopp: Das kommt darauf an, ob Sie investiert sind oder nicht. Geht man von einer länger anhaltenden Blase aus, werden viele Anleger, die investiert sind, ihre Engagements wohl halten. Unter Anlegern, die nicht investiert sind, gibt es dagegen durchaus eine ganze Reihe, die auf einen Rückschlag am Rentenmarkt wartet, um dann bei günstigeren Kursen einsteigen zu können.
BONDBOOK: Wo können sich aktive Anleger im Internet über Anleihen informieren?
Stopp: Wir haben mit www.bondboard.de eine im Markt sehr anerkannte Plattform, auf der sich Anleger über Neuemissionen, historische Daten und Charts informieren können. Zudem werden dort auch Liquiditätsklassen und Ratings veröffentlicht.
BONDBOOK: Welche Trends sehen Sie derzeit am Rentenmarkt?
Stopp: Derzeit gibt es eine Neuemissionswelle. Auch die ehemalige Hypo Real Estate kam nach über einem Jahr unter ihrer neuen Firmierung wieder mit Jumbo-Pfandbriefen an den Markt. Wir sehen aber auch eine Flucht in Qualität.
BONDBOOK: Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Christian Schiffmacher.
