Das Landgericht München I – 5. Große Strafkammer als Wirtschaftsstrafkammer – hat am 17. Oktober nach einer umfangreichen Hauptverhandlung drei Angeklagte wegen versuchten Betrugs bzw. Beihilfe in 261 Fällen sowie wegen uneidlicher Falschaussage bzw. Beihilfe verurteilt.
Der Angeklagte Stefan Sanktjohanser wurde zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr 9 Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde und zu zwei Geldstrafen von 270 und 150 Tagessätzen zu je 250 Euro verurteilt.
Der Angeklagte W. wurde zu einer Geldstrafe von 660 Tagessätzen zu je 200 Euro verurteilt.
Der Angeklagte Frank Günther wurde zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt wurde und zu einer Geldstrafe von 360 Tagessätzen zu je 100 Euro verurteilt. Die Bewährungszeit beträgt 2 Jahre.
Nach den Feststellungen der Wirtschaftsstrafkammer unter dem Vorsitz von Stephan Necknig haben die Angeklagten Sanktjohanser und Günther aufgrund eines gemeinsamen Tatplans ab Ende Juni 2017 zusammengewirkt, um die Anleihegläubiger der Smart Solutions Holding (Sympatex Technologies), bei der der Angeklagte Sanktjohanser Gesellschafter war, durch Vorspiegelung falscher Tatsachen dazu zu bewegen, auf 90% ihrer nominellen Anleiheforderungen zu verzichten. Der Angeklagte W. hat sie dabei zur Überzeugung des Gerichts unterstützt.
Ziel der Angeklagten war es zum einen, die Zahlungsverpflichtungen aus der Schuldverschreibung so weit wie möglich zu reduzieren, um eine Insolvenz zu vermeiden, und andererseits den bisherigen Gesellschaftern – also dem Angeklagten Sanktjohanser und dem anderweitig Verfolgten Dr. Goetz – zu ermöglichen, auch nach der Restrukturierung der Anleihe an der Gesellschaft beteiligt zu bleiben, um weiterhin von vorhandenen Verlustvorträgen und auch von einem etwaigen späteren Wertzuwachs bei der operativen Tochtergesellschaft Sympatex Technologies zu profitieren.
Dass die Anleihegläubiger durch die vorgesehene Abfindung in Höhe von lediglich 10% des nominellen Anleihewerts von 13 Mio. Euro einen wirtschaftlichen Schaden erleiden könnten, da der tatsächliche Wert der Anleihe möglicherweise höher war, nahmen die Angeklagten dabei billigend in Kauf.
Die Anleihegläubiger wurden dabei mit einer Legende von einem sogenannten. „Weißen Ritter“ getäuscht, der angeblich bereit sei, die operative Tochtergesellschaft zu erwerben und fortzuführen, wenn die Anleihegläubiger einem Schuldenschnitt von 90% zustimmen würden. Tatsächlich habe es aber gar keinen ernsthaften Kaufinteressenten gegeben.
Die Angeklagten W. und Frank Günther haben nach den Feststellungen der Kammer in zwei Zivilverfahren vor dem Landgericht München I an zwei Terminen im Jahr 2022 und 2023 falsch ausgesagt. Der Angeklagte Sanktjohanser habe den Angeklagten Frank Günther in dessen Falschaussage noch bestärkt.
Die Kammer hat das Verhalten der Angeklagten als versuchten Betrug bzw. Beihilfe dazu und als uneidliche Falschaussage bzw. Beihilfe dazu bewertet. Die Angeklagten haben diesen Sachverhalt eingeräumt.
Zu Gunsten der Angeklagten bewertete das Gericht insbesondere die umfassenden Geständnisse der Angeklagten.
Die Staatsanwaltschaft hatte Stefan Sanktjohanser und Frank Günther wegen Betrugs angeklagt. Doch für eine Verurteilung wegen Betrugs hätte man in einem langwierigen Verfahren die genaue Schadenshöhe ermitteln müssen. So hatte man sich auf „versuchten Betrug“ verständigt.
Das Urteil beruht auf einer Verständigung und ist daher nicht rechtskräftig. Der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft München I steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, das binnen einer Woche ab heute eingelegt werden müsste.
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