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Smart Solutions: Sicher ist sicher, oder?

Wenn besicherte Anleihen ausfallen und sich die Sicherheit als trügerisch erweist, ist die Enttäuschung immer besonders groß. Verständlich. Beim Bier hört man immer öfter die etwas rustikale Heuristik, Sicherheiten seien inzwischen ein Malus für eine Anleihe, sprächen also gegen den Erwerb. Das ist wohl übertrieben, aber ein gewisser Haut Gôut ist vorhanden. Wenn etwas schief geht, dann hätte man es eigentlich wissen müssen. Die MS Deutschland war eben keine 60 Mio Euro wert. Da nutzt auch die schönste Schiffshypothek nichts. Das konnte der Anleihegläubiger nicht wissen, aber die Rating Agentur. Bei Penell hätte dem Sicherheitentreuhänder auffallen müssen, dass die Sicherheiten nicht da sind.

Wer stellt die Sicherheit?
Meist stellt die Emittenten selbst die Sicherheiten. Travel24 z.B. verpfändete seine Aktien an einer Tochter, der Travel24Hotel AG. Immobilienprojektgesellschaften stellen typischerweise Grundschulden, z. B. Gewa 5to1 und ein Schiff eben eine Schiffshypothek, so MS Deutschland. Penell hat das Experiment unternommen, eine Anleihe mit dem eigenen Umlaufvermögen zu sichern. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Die Schwäche dieser Sicherheiten liegt auf der Hand. Es ist eine allgemeine Erfahrung, dass die Sicherheit einer Anleihe davon abhängt, ob das Geschäftsmodell des Emittenten trägt. Theoretisch kann jemand, der kein Geschäftsmodell hat zwar alle möglichen Sicherheiten stellen. Erfahrungsgemäß wird jede Sicherheit aus seiner Hand am Ende zu Staub.

Es gibt auch Anleihen mit Drittsicherheiten, also solchen, die eine andere Person als der Emittent stellt. Eine davon wird gerade saniert, die Anleihe der

Smart Solutions Holding GmbH
(ISIN DE000A1X3MS7, früher Sympatex Holding) nämlich. Hier stellt eine Tochtergesellschaft, die Sympatex Technologies GmbH, die Sicherheiten. Sie hat mit der Emittentin zwei Verträge geschlossen. Erstens garantiert die Sympatex, die Anleihegläubiger vollständig zu befriedigen, wenn die Emittentin ausfällt (Garantievertrag). Zweitens verpfändet sie die Rechte an der Marke „Sympatex“ zugunsten der Anleihegläubiger, die hier von einem Treuhänder vertreten werden. Die Sicherheitentreuhandvereinbarung ist ein dritter Vertrag, den die beiden mit der TAP Treuhand- und Verwaltungs GmbH, München abgeschlossen haben. 

Die Emittentin, nun in der Krise, möchte die Sympatex Technologies GmbH verkaufen. Dabei sind diese Sicherheiten im Weg. Also lud sie zur Gläubigerversammlung mit dem Ziel diese Verträge durch Beschlüsse zu ändern. Die Versammlung am 4. Oktober 2017 war nicht beschlussfähig. Aber die zweite Versammlung kommt bestimmt. Also lohnt es sich immer noch weiter nachzudenken.

Als Jurist ist man erst mal erstaunt. Die Anleihebedingungen sind ein Vertrag zwischen der Emittentin und dem jeweiligen Anleihegläubiger. Diesen Vertrag können die Beteiligten durch Beschluss ändern. Rechtstechnisch gesehen, schlägt der Emittent eine Änderung vor und die Versammlung der Anleihegläubiger stimmt durch Mehrheitsbeschluss zu. Klar, wenn die Parteien sich einig sind, können sie Verträge ändern. Ungewöhnlich (aber einleuchtend) sind hier nur das Mehrheitsprinzip und die Gläubigerversammlung. Aber wieso sollen diese beiden Parteien auch Verträge ändern können, bei denen der eine Teil, der Anleihegläubiger, nicht Partei ist? Ich ändere einen Vertrag, den irgendwer anders geschlossen hat - komisch oder?

Wenn man diesem Störgefühl nachgeht, dann schaut man ins Schuldverschreibungsgesetz und findet § 5. Dort steht, dass die Anleihebedingungen durch Beschluss geändert werden können. Insbesondere können Sicherheiten frei gegeben werden. Es gilt also zu ermitteln, was genau die Anleihebedingungen sind. Papier ist schließlich geduldig und man könnte unter die Überschrift „Anleihebedingungen“ ohne weiteres auch noch die Verpflichtung schmuggeln, monatlich 500 Kapseln Kaffee für eine bestimmte Espressomaschine abzunehmen. Gehört das dann auch zu den Anleihebedingungen?

Ehe man sich in die rechtliche Grundlagenforschung stürzt, findet man hoffentlich § 22 SchVG. Dort steht, dass auch die Verträge mit Dritten, hier heißen sie „Mitverpflichtete“, durch Beschluss geändert werden können, wenn „die Anleihebedingungen Mehrheitsbeschlüsse der Gläubiger unter Benennung der Rechtsgeschäfte und der Mitverpflichteten ausdrücklich vorsehen“. Und das ist bei Smart Solutions eben nicht der Fall. Man hat das Problem wohl gesehen und in den Garantievertrag ganz am Ende unter „sonstige Bestimmung“ eine Öffnungsklausel eingebaut, nach der die Anleihegläubiger den Vertrag durch Beschluss ändern können. Das Gesetz aber fordert eine Öffnungsklausel in den Anleihebedingungen und das mit gutem Grund: Die Anleihebedingungen sind der Vertrag, den jeder einzelne Anleihegläubiger mit dem Emittenten schließt. Darin unterwirft sich einer Mehrheitsentscheidung. Die Beschlüsse der Gläubigerversammlung gelten auch für ihn, ob er will oder nicht. Wird ihm in den Anleihebedingungen eine Sicherheit  versprochen, die ein Dritter stellt und die durch einen Vertrag bewirkt wird, der außerhalb der Anleihebedingungen abgeschlossen wird, dann muss geregelt werden, ob und wie dieser Vertrag zu seinen Lasten geändert werden kann. Das kann nur in dem Vertrag geschehen, den er selbst abschließt, den Anleihebedingungen, nicht in einem Vertrag, an dem er gar nicht als Partei beteiligt ist.

Einfacher kann man sagen, dass man bei Abschluss des Vertrages, also bei Kauf der Anleihe, wissen muss welche Regeln gelten. Wenn fundamentale Fragen, wie die Sicherheit der Investition geregelt werden, dann doch bitte in den Anleihebedingungen. Zurück zum konkreten Fall Smart Solutions: Ein hässliches Detail in diesem Zusammenhang ist auch, dass von den drei Verträgen, die geändert werden sollen nur der Garantievertrag bekannt ist. Die anderen beiden, der Vertrag über die Verpfändung der Markenrechte und der Sicherheitentreuhandvereinbarung sind nirgendwo abgedruckt. Die Beschlussvorlage der Smart Solutions enthält nur die geänderten Klauseln im neuen Wortlaut. Erstaunlich! Wer würde einer Änderungsklausel zu einem Vertrag zustimmen, ohne zu wissen, was er gerade ändert und in welchem Zusammenhang es steht? Ein Rechtsanwalt der hier zurät, wäre das Pulver nicht wert. Immerhin kann man aus den Beschlussvorschlägen lesen, dass Öffnungsklauseln in den beiden anderen Verträgen gar nicht vorhanden sind.

Smart Solutions bleibt eine Herausforderung für die Sanierer. Nachdem schon an der Notwendigkeit des harten Schnittes, immerhin sollen die Anleihegläubiger 90% verlieren, öffentlich gezweifelt wird, weist auch der beschrittene Weg auch noch Fallgruben auf.

Tibet Neusel
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht
Neusel(at)neusel.eu

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