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„Die Mehrzahl der Unternehmen im Baltikum ist gut kapitalisiert und nicht stark Fremdkapital-finanziert“, Edmunds Antufjevs, Head of Corporate Finance, Signet Bank AS, Riga

Einige Anbieter von Konsumentenkrediten aus dem Baltikum (4finance, Eleving Group, vormals Mogo Finance, und IuteCredit) haben erfolgreich Anleihen begeben, die auch bei institutionellen Investoren in Deutschland platziert wurden und in Deutschland gehandelt werden. Aber auch viele andere baltische Anleiheemittenten bieten attraktive Renditen, wie Edmunds Antufjevs, Head of Corporate Finance bei der Signet Bank AS, erläutert. Dabei sei die Mehrzahl der Unternehmen im Baltikum gut kapitalisiert und nicht stark Fremdkapital-finanziert, wie er betont. Doch das Baltikum wird von Ratingagenturen als kleiner und begrenzter Markt eingestuft. Daher können nicht viele Emittenten ein Top-Rating erhalten und müssen Investoren eine Prämie bieten. Aufgrund der Größe ist der baltische Markt von internationalen Investoren noch unentdeckt. Daher werden die Kupons nicht durch eine große institutionelle Nachfrage gedrückt. Das Steuerrecht in Lettland und Estland klingt für Deutsche zudem geradezu paradiesisch: Alle nicht ausgeschütteten Gewinne bleiben steuerfrei.

BOND MAGAZINE: Was macht die baltischen Staaten für Investoren interessant?

Antufjevs: Erstens: attraktive Renditen. Die baltischen Staaten gelten vor allem aufgrund der geringen Größe ihrer Kapitalmärkte immer noch als „Frontier“-Märkte. Daher gibt es im Vergleich zu Mittel- und Westeuropa eine Prämie bei Immobilien, Unternehmensanleihen und Dividendenrenditen lokaler Unternehmen. Das Baltikum hat eine großartige Natur, eine lange Küste und freundliche Menschen, aber die Rendite ist immer noch der Hauptgrund für jeden Investor, die Region in Betracht zu ziehen.

Zweitens: stabiles Wachstum. Die baltischen Länder erfreuen sich seit 2011 eines stabilen BIP-Wachstums von durchschnittlich 4–5% pro Jahr. Ausländische Direktinvestitionen in die baltischen Staaten wachsen in ähnlicher Weise.

Drittens: ein attraktives Steuerrecht. Für Investoren, die Investmentgesellschaften in der Region gründen möchten, bieten Estland und Lettland ein attraktives Körperschaftsteuersystem, bei dem alle nicht ausgeschütteten Unternehmensgewinne steuerfrei sind. Zinserträge und Dividenden werden auf Emittentenebene nicht besteuert und können vollständig reinvestiert werden. Eine Körperschaftsteuer von 20% wird nur von tatsächlich ausgeschütteten Dividenden gezahlt.

BOND MAGAZINE: Hat der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine Einfluss auf die Kapitalmärkte der baltischen Staaten?

Antufjevs: Die Annexion der Krim im Jahr 2014 und die aktuellen Spannungen zwischen Russland und der Ukraine haben keinen großen Einfluss auf den Appetit internationaler Investoren im Baltikum. Investoren haben aber definitiv ein geringeres Interesse an lokalen Unternehmen, die in Russland, der Ukraine oder anderen GUS-Staaten tätig sind oder ihre Produkte dort verkaufen. Das Ansehen der baltischen Staaten und ihre Rolle innerhalb der NATO und der EU wird sogar gestärkt, im Gegenteil, wir sehen trotz unseres problematischen Nachbarns ein wachsendes internationales Interesse für Investments in der Region.

BOND MAGAZINE: Was macht baltische Anleihen für Investoren interessant?

Antufjevs: Erstens: die Qualität der Unternehmen. Die Bonität lokaler Unternehmen wird nicht nur durch Länderratings (Estland AA-, Lettland und Litauen A+), sondern auch durch regionale Konzentration (Ratingagenturen betrachten das Baltikum als kleinen und begrenzten Markt) eingeschränkt. Daher können nur wenige Unternehmen mit starker Bonität ein Top-Rating erhalten. Beispielsweise hat der Lebensmitteleinzelhändler Maxima Grupe, eines der größten Unternehmen im Baltikum, ein BB+ Rating. Die Kapitalbeschaffung an den internationalen Kapitalmärkten ist daher nur sehr eingeschränkt möglich. Die Mehrzahl der Unternehmen im Baltikum ist gut kapitalisiert und nicht stark Fremdkapital-finanziert.

Zweitens: hohe Kupons. Um mit gut gerateten Emittenten konkurrieren zu können, müssen lokale Unternehmen eine Prämie bieten, um die Aufmerksamkeit der Anleger auf sich zu ziehen. Lokale Unternehmen von guter Qualität bieten häufig Kupons von 4% bis 6%. Und auch aufgrund seiner Größe ist der baltische Markt von internationalen Investoren noch unentdeckt, daher werden die Kupons nicht durch eine große institutionelle Nachfrage gedrückt.

Drittens: steigende Aktivität von Kleinanlegern. Bei den meisten lokalen Anleiheemissionen handelt es sich um Privatplatzierungen, und Privatanleger können erst nach der Notierungsaufnahme in Anleihen investieren. Die Kurse sind dann häufig schon über dem Nennwert, was den Erstzeichnern eine schöne Rendite bieten kann.

BOND MAGAZINE: Welches Recht ist bei baltischen Anleihen anwendbar?

Antufjevs: Baltische Anleihen unterliegen größtenteils dem jeweils nationalen Recht des Emittenten. Wenn Anleihen von lettischen Unternehmen ausgegeben werden, gilt lettisches Recht. Wenn Anleihen von Emittenten aus Litauen begeben werden, gilt litauisches Recht usw.

BOND MAGAZINE: Haben die meisten baltischen Anleihen eine Stückelung von 100.000 Euro oder von 1.000 Euro?

Antufjevs: Lokale Unternehmensanleihen haben normalerweise eine Stückelung von 1.000 Euro, einige estnische Anleihen haben eine Stückelung von 100 Euro, dies erhöht üblicherweise die Liquidtät im Börsenhandel.

BOND MAGAZINE: In Deutschland werden Anleihen von 4finance, Eleving Group und IuteCredit gehandelt. Diese Unternehmen vergeben Konsumentenkredite. Gibt es andere Anleiheemittenten aus der Branche, die an der Nasdaq Baltic gelistet sind?

Antufjevs: Abgesehen von den von Ihnen genannten Unternehmen gibt es im Baltikum weitere Anleiheemittenten: DelfinGroup (größtes lettisches Pfandhaus, das auch Konsumentenkredite vergibt; DelfinGroup ist 2021 an die Börse gegangen und hat eine Marktkapitalisierung von 55 Mio. Euro), Sun Finance (tätig u. a. in Lettland, Polen, Mexiko, Dänemark, Schweden und Zentralasien) und Mogo Lettland (lettische Tochtergesellschaft der Eleving Group, die Autokredite in Lettland anbietet). Diese Unternehmen berichten nach IFRS und werden von renommierten Wirtschaftsprüfern geprüft und haben eine gesunde Bilanzstruktur. Es gibt einige Anleiheemittenten, die noch nie Anleihen an der Nasdaq Baltic notiert haben und Renditen von 12% bis 15% p. a. bieten. Aber diese sollten mit einem gewissen Maß an Vorsicht betrachtet werden.

BOND MAGAZINE: Weshalb gibt es im Baltikum so viele Unternehmen in der Branche und weshalb gibt es so viele Anleiheemittenten in diesem Sektor?

Antufjevs: 4Finance wurde 2008 von Letten gegründet. Einige andere Anbieter von Konsumentenkrediten wurden im Zeitraum 2009–2012 gegründet, als lokale Banken nach der Finanzkrise von 2008 mit Konsumentenkrediten zurückhaltend waren.

Aufgrund dieses „Branchen-Know-hows“ haben viele ehemalige Mitarbeiter dieser Unternehmen ihre eigenen Unternehmen gegründet. Einige dieser Unternehmen sind nicht im Baltikum tätig, aber sie haben ihren Firmensitz im Baltikum (IuteCredit, ein estnisches Unternehmen, hat keinen einzigen Kredit in Estland vergeben, beschäftigt aber mehr als 40 Mitarbeiter in Tallinn). Neben Branchen-Know-how gab es erfolgreiche Exits und die Gesellschafter haben weitere Unternehmen gegründet, die ebenfalls Kredite vergeben. Beispielsweise haben die Gründer von 4finance das Unternehmen 2015 vollständig verkauft und Unternehmen wie die Eleving Group, Sun Finance, DelfinGroup, die Peer-to-Peer-Plattform Mintos und andere mitgegründet und in diese investiert.

BOND MAGAZINE: Welche anderen Branchen spielen am Anleihemarkt im Baltikum eine wichtige Rolle?

Antufjevs: Im Baltikum können wir Emittenten von Unternehmensanleihen in drei Bereiche unterteilen: Anbieter von Konsumentenkrediten (die keine Banklizenz haben), Immobilienentwickler, Cashflow generierende Immobilienunternehmen und sonstige (Industrie, Dienstleistungen usw.).

Sowohl Privatanleger als auch High-net-worth individuals (vermögende Investoren) waren schon immer sehr aktiv bei Anleihen von Anbietern von Konsumentenkrediten, da diese in der Vergangenheit Renditen von über 10% boten. Aber der Sektor ist bei institutionellen Investoren/Banken nicht beliebt, da diese Unternehmen mit lokalen Banken konkurrieren und gleichzeitig viele diesen Sektor als nicht sehr ethisch betrachten.

Wie fast überall, sind Immobilienunternehmen sehr aktiv am Anleihemarkt, da die Branche sehr kapitalintensiv ist. Immobilienunternehmen gehören zu den aktivsten und größten Anleiheemittenten im Baltikum. Es gibt Anleihen, mit denen einzelne Projektentwicklungen finanziert werden, aber auch Anleihen von großen Immobilienbestandhaltern. Bei Projektentwicklungen können die Renditen je nach Entwicklungsphase, der Reputation des Projektentwicklers und der Sicherheiten zwischen 5% und 12% variieren.

Bei Anleihen, die von großen Bestandhaltern ausgegeben werden, liegen die Renditen im Bereich von 4% bis 6%, da die Unternehmen diversifizierte Cashflow generierende Objekte halten. Weitere Anleiheemittenten kommen aus verschiedenen Branchen – IT, Einzelhandel, Lebensmittelproduktion, verarbeitendes Gewerbe und viele mehr. Die Rendite variiert zwischen 2% und 9%, sodass jede Anleiheemission individuell betrachtet werden muss.

BOND MAGAZINE: Die meisten deutschen Broker bieten keinen Handel an der Nasdaq Baltic an, nur wenige auf Heavy Trader spezialisierte Broker bieten lediglich die Möglichkeit, Aktien an der Nasdaq Baltic in Riga zu handeln. Wie können deutsche Anleger überhaupt baltische Anleihen handeln?

Antufjevs: Ich kenne keinen deutschen Broker, der Zugang zur Nasdaq Baltic hat, und die außerbörsliche Abwicklung baltischer Wertpapiere durch deutsche Broker wird, obwohl dies technisch möglich wäre, möglicherweise nicht von Brokern unterstützt, da dies viel manuelle Arbeit erfordert.

Als einer der größten Arrangeure baltischer Kapitalmarkttransaktionen (Aktien und Anleihen) bietet die Signet Bank aktiven deutschen und internationalen Investoren die Möglichkeit, ein Investmentkonto zu eröffnen. Investoren haben damit Zugang zum Kapitalmarkt im Baltikum, einschließlich der Beteiligung an Privatplatzierungen vor der Börsennotierung, was besonders für größere Investoren interessant sein dürfte.

BOND MAGAZINE: Wie werden Zinseinkünfte und Dividenden in Lettland besteuert?

Antufjevs: Die Besteuerung im Baltikum ist in jedem Land unterschiedlich und es gibt verschiedene Ebenen, die Anleger berücksichtigen müssen. In Lettland behält der Emittent für Anleihen/Aktien, die am Regulierten Markt gelistet sind, keine Steuern ein. Wenn Investoren die Anleihen/Aktien über ein Unternehmen halten (nicht als Privatperson), wird der Emittent keine Steuern einbehalten. Wenn die Anleihe jedoch nicht börsennnotiert oder im Freiverkehr notiert, würde der lettische Emittent 20% Einkommenssteuer für Zins-/Dividendenzahlungen an nicht in Lettland ansässige Personen einbehalten. Diese Steuer kann auf der Grundlage des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Lettland und Deutschland auf 10% reduziert werden, wenn der Anleger der Emittentin eine Steueransässigkeitsbescheinigung vorlegt.

In Estland unterliegen Dividenden für Gebietsfremde einer Steuer von 7%; Zinseinkünfte aus Anleihen werden nicht besteuert. In Litauen unterliegen Dividenden für Gebietsfremde einer Steuer von 15%; Zinseinkünfte aus Anleihen werden nicht besteuert.

BOND MAGAZINE: Werden Anleihen üblicherweise nur bei institutionellen Anlegern platziert oder gibt es auch öffentliche Emissionen?

Antufjevs: Üblicherweise werden Anleihen im Rahmen von Private Placements bei institutionellen Investoren und Privatanlegern mit einer Mindestzeichnung von 100.000 Euro platziert. Da baltische Privatanleger jedoch aktiver werden, gab es im Jahr 2021 zwei öffentliche Anleiheemissionen – Mogo Lettland (eine Tochtergesellschaft der Eleving Group) hat eine 30-Mio.-Euro-Anleihe mit einem Kupon von 11% begeben. An der Emission haben 850 Privatanleger teilgenommen. IuteCredit hat im Rahmen eines öffentlichen Angebots eine 75-Mio.-Euro-Anleihe mit einem Kupon von 11% begeben. 2.500 Privatanleger aus Deutschland und dem Baltikum haben an der Emission teilgenommen.

BOND MAGAZINE: Vielen Dank für das Gespräch.

Kontaktdaten:
Edmunds Antufjevs,
Head of Corporate Finance,
Signet Bank AS, Riga
edmunds.antufjevs(at)signetbank.com


Das Interview führte Christian Schiffmacher, https://www.fixed-income.org/
Foto: Christian Schiffmacher (links) im Gespräch mit Edmunds Antufjevs (rechts).


 

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