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Marktkommentar und Prognose für das Jahr 2012

von John Chatfeild-Roberts, CIO, Jupiter Asset Management

Die Krise in Europa hält noch immer an. Der Plan von „Merkozy“ für eine strengere Haushaltsdisziplin mag die Nerven der Finanzmärkte zwar kurzfristig beruhigt haben, allerdings bestehen erhebliche Zweifel, ob schwächere Länder, die bereits jetzt unter der enormen Schuldenlast leiden, die neuen Regeln überhaupt bewältigen können. Hinzu kommt, dass sich bisher niemand – auch nicht Deutschland! – an die ursprünglichen Regeln des Stabilitätspakts gehalten hat. Warum also sollte ein neues Regelwerk besser abschneiden?

Das Unvermögen europäischer Politiker, die Situation als Insolvenz- statt als Liquiditätskrise zu behandeln, wird dazu führen, dass Europa einen extrem negativen Einfluss auf das Weltwachstum haben wird. Die EZB hat zu verstehen gegeben, dass Europa im nächsten Jahr in eine Rezession rutscht – wenn es nicht bereits mittendrin ist. Und sollte dies der Fall sein, bleibt auch Großbritannien nicht verschont.
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Soeben erscheinen:
BOND YEARBOOK 2011/12 – das Nachschlagewerk für Anleiheinvestoren und Emittenten.
94 Seiten, 29 Euro
http://www.fixed-income.org/fileadmin/2011-11/Flyer_BondBook.pdf
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Anleger mussten 2011 die Chancen und Risiken abwägen wie niemals zuvor – und Orientierung suchen zwischen pessimistischen makroökonomischen Prognosen einerseits und einigen attraktiven Vermögensbewertungen andererseits. Täglich schwangen die Märkte wie ein Pendel hin und her, während die Anleger bemüht waren, die Auswirkungen dieser gegensätzlichen Tendenzen irgendwie zu bewerten. Es ist schwer voraussagbar, wohin die Reise geht. Klar ist aber, dass ein weiterer finanzieller Aderlass erforderlich ist, damit sich die Weltwirtschaft erholen kann.

Die Staatsschuldenkrise stellt Anleger vor ein Dilemma: Wie sind Anlagerisiken zu definieren? Nach vorherrschender Meinung sind liquide Mittel und Staatsanleihen am unteren Ende des Anlage-Risikospektrums anzusiedeln, Aktien hingegen am oberen Ende. Die gegenwärtige Krise hat dieses Prinzip jedoch auf den Kopf gestellt.

In einem Umfeld, in dem Staatsschulden und das Bankensystem derartig unter Druck stehen, bieten liquide Mittel und Staatsanleihen den Anlegern möglicherweise nicht mehr die Sicherheit, die sie bislang erwarten konnten. Sogar vermeintlich „sichere Anlagen“ sind nicht das, was sie zu sein scheinen – es gibt einfach keine risikofreie Anlage und Volatilität sollte nicht mit Risiko verwechselt werden.

Würden wir Staatsschulden auf dieselbe Weise wie Aktien analysieren, könnten wir zu dem Schluss kommen, dass beispielsweise eine Rendite von weniger als 2% auf 10-jährige britische Staatsanleihen eine magere Rendite ist für eine überrepräsentierte, übermäßig verschuldete Anlage, deren Kurs den höchsten Stand der letzen hundert Jahre erreicht hat und die keinerlei langfristige Wachstumsaussichten, Dividendenwachstum oder Inflationsschutz bietet. US-Staatsanleihen sind auf den ersten Blick die bessere Wahl. Das Land scheint sich trotz seiner hohen Schuldenlast allmählich zu erholen und US-Staatsanleihen lassen sich schon deshalb nicht mit britischen vergleichen, weil der Dollar doch nach wie vor eine Leitwährung ist. Trotzdem ist in meinen Augen eine Rendite unter 2% auf 10-jährige US-Staatsanleihen keine günstige Anlage.

Aktien gesunder multinationaler Unternehmen mit soliden Bilanzen, die weiterhin hohe Dividenden ausschütten, machen einen wesentlich besseren Eindruck. Sicher, Aktienkurse können kurzfristig volatiler sein. Aber ein Aktienportfolio hochrentabler Unternehmen wie Johnson & Johnson oder Glaxo mit attraktiven Bewertungen und gesunden Dividendenerträgen von rund 3,5% bzw. 5,2% kann mehr Sicherheit bieten, als die Anleihen der meisten Länder mit AAA-Rating oder die Einlagenkonten der meisten europäischen Banken. Solche Dividenden sind eine angemessene Entschädigung für kurzfristige Kursschwankungen, die Anleger einfach aushalten müssen.

Während sich Europa weiter in der Krise befindet, sind die Aussichten einiger Schwellenländer deutlich besser. Der chinesische Immobilienmarkt wirkt zwar extrem unsolide und auch die Schwellenländer boten in 2011 keine rentablen Investitionsmöglichkeiten. Dennoch stehen die Chancen nicht schlecht, dass wir am Ende doch noch die vielbeschworene Spaltung der Weltwirtschaft in zwei Geschwindigkeiten erleben werden – vorausgesetzt natürlich, dass die schnell wachsende Mittelschicht dieser Länder ihr Geld nach westlichen Maßstäben ausgibt. Langfristig orientierte Anleger werden davon profitieren.

Allmählich sind wir zuversichtlich, dass sich die US-Wirtschaft im Aufschwung befindet. Ich denke, dass der US-Immobilienmarkt seine Talsohle bald durchschritten haben wird. Fakt ist: Der Markt ist um mehr als 30% gefallen und Stresstests sollen nun die kurzfristigen Auswirkungen weiterer Kursstürze auf die Banken bewerten. Fakt ist aber auch: Das US-Bevölkerungswachstum hält an und so wird der Überschuss an Wohnfläche wohl nicht von Dauer sein. Vielmehr wird der Bedarf an neuen Häusern steigen. Entsprechend könnte ein Hauskauf in den USA eine gute, langfristige Anlageentscheidung sein.

Letzten Endes wird sich Europa erholen und uns ist klar, dass die Märkte dies lange vor der Lösung ihrer Probleme vorwegnehmen. Große Krisen schaffen nicht selten große Anlagemöglichkeiten und da Europa gegenwärtig eine besonders große Krise erlebt, ist damit zu rechnen, dass sich mit der Zeit einige wunderbare Chancen bieten.

Zum jetzigen Zeitpunkt möchten wir zwar noch defensiv agieren, aber die Zeit für steigende Risikoniveaus wird kommen. Noch haben wir diesen Punkt nicht erreicht. Anleger brauchen das, was Tolstoi die „zwei mächtigsten Krieger“ nannte: Geduld und Zeit. Erst dann können sie von ihren Investitionen optimal profitieren.

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