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Bundesanleihen: Ist mit Deutschland die letzte Bastion der orthodoxen Finanzpolitik gefallen? Kein Ende der schlechten Neuigkeiten an den Märkten in Sicht?

Meinungen der CIOs von AXA Investment Managers

© Pixabay

Anleger sehen sich derzeit sowohl mit Wachstums- als auch mit Inflations­risiken konfrontiert. Unsicherheit über die politische Entwicklung sowie Verschiebungen der globalen politischen und wirtschaftlichen Beziehungen haben die Marktvolatilität in die Höhe getrieben, und die Anleger haben einige Mühe, ihre Portfolios an die sich verändernden Fundamentaldaten anzupassen. Bislang scheinen Wachstumsrisiken zu dominieren. Dies zeigt sich insbesondere in den Abwärtskorrekturen der BIP-Prognosen für die USA, der Gewinnerwartungen für den S&P 500 und der relativen Performance von US-Börsen im Vergleich zu europäischen Märkten. Im letzten Jahrzehnt wies der US-Aktienmarkt ein höheres Gewinnwachstum gegenüber anderen Märkten auf, was den Bewertungsaufschlag rechtfertigte, der seit der Pandemie noch gestiegen ist. Nach wie vor bestehen keinerlei Zweifel über die langfristigen Stärken des US-Marktes. Auf kurze Sicht werden sie jedoch teils von Sorgen über mögliche Effekte der Handels- und Innenpolitik auf das Vertrauen und den Konsum überschattet.

Die Inflationsrisikoprämien und Anleiherenditen hingegen sind stabil. Zölle werden sich auf die Verbraucherpreise niederschlagen, doch das größere Delta hängt von den Wachstumserwartungen ab. Dies legt nahe, dass die Underperformance am US-Aktienmarkt anhalten könnte. Anleihen haben sich überdurchschnittlich gut entwickelt, und wir beurteilen Unternehmensanleihen nach wie vor positiv. Eine weiter in die Zukunft reichende Anpassung der Bewertungen von Anleihen und Aktien setzt jedoch eine Bestätigung der aktuellen Zinserwartungen voraus. Sollten Anleger und Marktbewertungen die Wachstumsaussichten jedoch noch tiefer ansetzen, so würde eine Kehrtwende der US-Notenbank hin zu einem expansiveren Kurs wahrscheinlicher. Falls sich Aktien noch deutlicher von ihren extremen Überbewertungen entfernen, könnten die Renditen zehnjähriger US-Anleihen letztlich unter 4% sinken. Ein Ende der im laufenden Jahr bereits zu beobachtenden Überraschungen ist somit nicht unbedingt in Sicht.

Alessandro Tentori, CIO Europe bei Axa Investment Managers: Bundesanleihen: Der Abfall vom Glauben

Deutsche Staatspapiere (Bundesanleihen) erlebten am 5. März ihren düstersten Tag in der Geschichte des Euroraums, als die Rendite der als Benchmark geltenden zehnjährigen Bundesanleihe um 30 Basispunkte in die Höhe schnellte und der iBoxx Germany Sovereign Index um beachtliche 1,8% nachgab. Die Bewegung übertrug sich einheitlich auf die Kurven sämtlicher europäischer Staatsanleihen, wobei sich die Spreads zwischen den Ländern kaum volatil zeigten, während der iBoxx Eurozone Sovereign Index analog zum deutschen Anleihebarometer in die Tiefe purzelte.

Der Grund für diese ungewöhnliche Volatilität war die offensichtliche Abkehr Deutschlands von seiner Haushaltsdisziplin. Tatsächlich hat Deutschland seit 1999 nur zweimal eine antizyklische expansive fiskalische Haltung eingenommen und verzeichnet damit seit der globalen Finanzkrise von 2008 ein bescheidenes Haushaltsdefizit von 14%. Zum Vergleich: Frankreich hat im selben Zeitraum Haushaltsdefizite von nahezu 80% und Italien von fast 70% angehäuft.

Unserer Ansicht nach hängt die heftige Marktreaktion damit zusammen, dass Berlin die Rolle des Verfechters einer orthodoxen Fiskalpolitik hinter sich lässt und seinen reichlich vorhandenen fiskalischen Spielraum für Strukturprojekte nutzt. Dies könnte einen epochalen Wandel der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Europas signalisieren. An den Märkten wird indes vor allem eine einfache Botschaft wahrgenommen. Es werden mehr Bundesanleihen ausgegeben werden müssen, um deutsche Strukturprojekte zu finanzieren; das deutsche BIP-Wachstum wird mittelfristig angekurbelt, und andere Länder der Eurozone könnten einen ähnlichen fiskalischen Ansatz verfolgen. Für Befürworter strukturell hoher (oder höherer) Renditen ist dies eine gute Nachricht.

Bundesanleihen: An der Grenze der seit der Corona-Pandemie beobachteten Spanne

Ecaterina Bigos, CIO Asia ex-Japan bei Axa Investment Managers: Eine Geschichte zweier Volkswirtschaften

Sowohl Indien als auch China befinden sich in ihren jeweiligen wirtschaftlichen und geldpolitischen Zyklen an Wendepunkten – und dies hat Auswirkungen auf die Bewertungen von Vermögenswerten. Strukturell und zyklisch durchleben beide Volkswirtschaften eine Schwächephase. Während die chinesische Regierung zu Konjunkturmaßnahmen greift, ist Indien bestrebt, seine Haushaltslage zu konsolidieren, um makroökonomisch tragfähiger zu werden. In China verfügen die Privathaushalte derzeit über hohe Ersparnisse – 34% waren es Ende 2024. Zudem weist das Land mit 45% strukturell einen geringeren Anteil des Konsums am BIP auf, während sich dieser in Indien auf 60% beläuft (69% sind es in den USA). Ein Anstieg des privaten Verbrauchs auf 60% des BIP entspräche, gemessen am heutigen BIP, einem jährlichen Konsum von rund 10 Bio. US-Dollar – ein Plus von 3 Bio. US-Dollar gegenüber dem aktuellen Niveau. Um eine Unterstützung des Einzelhandels in dieser Größenordnung zu erreichen, sind Marktreformen und konzertierte politische Anstrengungen mit klar an die Verbraucher gerichteten Anreizen erforderlich.

Im Gegensatz dazu hängt die Verwirklichung des indischen Ziels, eine 10 Bio. US-Dollar schwere Volkswirtschaft mit höherem Produktionsanteil zu werden, von einem fortgesetzten und beschleunigten Ausbau der Infrastruktur ab, um chinesische Standards zu erreichen.

Auf Indien entfallen lediglich 3% der weltweiten Produktion, womit das Land bei der Hälfte des chinesischen Produktionsanteils im Jahr 2000 liegt. Das verarbeitende Gewerbe in Indien ist stärker von anderen Volkswirtschaften abhängig, die Wertschöpfung ist geringer und die Anreize sind im Vergleich zum globalen Kontext weiterhin bescheiden. Derzeit liegt der Erfolg des Landes im Export von Dienstleistungen, die 55% des BIP ausmachen. Im verarbeitenden Gewerbe werden 15% erwirtschaftet, wobei diese Quote seit einem Jahrzehnt jedoch mehr oder weniger stagniert.

www.fixed-income.org


 

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