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„Die Inflation wird möglicherweise zu deutlich höheren Renditen führen“, Gergely Majoros, Mitglied des Investmentkomitees, Carmignac

Nach Einschätzung von Gergely Majoros, Mitglied des Investmentkomitees bei Carmignac, bleibt die Inflation dauerhaft höher, als viele Marktteilnehmer denken. Die Geldpolitik wird global abrupt gestrafft. Dies wird möglicherweise zu deutlich höheren Renditen führen. Geldpolitik und Bilanzreduktion der Notenbanken werden die Märkte in diesem Jahr nach seiner Einschätzung hin und her bewegen. Im laufenden Jahr muss man daher sehr vorsichtig und selektiv investieren. Selektive Chancen könnten sich bei Anleihen von Banken und in Emerging Marktes ergeben. Bei Banken gibt es in Europa noch immer höhere Kupons als bei Industrieunternehmen mit vergleichbaren Ratings. In Emerging Markets sind höhere Kupons und teilweise positive reale Renditen zu erzielen, wie Majoros im Gespräch dem BOND MAGAZINE erläutert.

BOND MAGAZINE: Welche Entwicklung erwarten Sie bei der Inflation?

Majoros: Nach unserer Einschätzung wird die Inflation unterschätzt, insbesondere in den USA. Vor zwölf Monaten haben viele darüber gesprochen, dass wir für immer niedrige Zinsen haben werden, und dass wir Quantitative Easing für immer haben werden. Das Umfeld hat sich innerhalb einer sehr kurzen Zeit sehr deutlich gewandelt. Die Geldpolitik wird global abrupt gestrafft. Damit hat sich das Umfeld gerade für die Rentenmärkte deutlich gewandelt. Der Grund hierfür ist maßgeblich die Inflation, die uns auch 2022 beschäftigen wird. Viele Zentralbanken haben schon darauf reagiert, das hat im letzten Jahr mit Zentralbanken in Emerging Markets begonnen. Denn die Zentralbanken müssen dort schneller auf Preiserhöhungen, beispielsweise bei Lebensmitteln, reagieren. Doch der Trend hat auch die entwickelten Märkte erreicht, insbesondere auch die USA. Die Frage ist, ob wir nach 40 Jahren der Desinflation in eine Phase mit höherer Inflation kommen werden. Es könnte zu einer Situation kommen, in der die Zentralbanken wie die Fed die Entscheidung nicht mehr allein treffen, sondern dass die Inflation die Entscheidungen diktiert. An dem Punkt sind wir noch nicht, das Thema Inflation ist aber sehr bedeutend geworden. In den nächsten Jahren könnten die Zentralbanken durch die Inflation in eine Situation kommen, Entscheidungen zu treffen, die sie eigentlich nicht treffen wollen.

BOND MAGAZINE: Wie wird sich das Wirtschaftswachstum entwickeln?

Majoros: Das Wirtschaftswachstum verlangsamt sich, die Wachstumsraten werden in diesem Jahr schwächer ausfallen als im letzten Jahr. Die Wachstumsraten werden in diesem und im nächsten Jahr zwar höher sein als das Potenzialwachstum, aber das Wachstum wird sich dennoch abschwächen. Das Wachstum liegt aufgrund der Fiskalpolitik über dem Potenzialwachstum. Die Konsumenten, insbesondere in den USA, haben so viel Geld beiseitegelegt, dass sie auf Sicht von Jahren viel Geld ausgeben können. Dies wird den Wirtschaftszyklus hinauszögern.

BOND MAGAZINE: Wie wird sich die Inflation Ihrer Einschätzung nach mittelfristig entwickeln?

Majoros: In den USA ist die Inflation mittelfristig, also über die nächsten zwölf Monate hinaus, ein größeres Thema als in Europa. Die Dynamik am Arbeitsmarkt ist in den nächsten Quartalen eine wichtige Ursache hierfür. In den USA wird der Arbeitsmarkt sehr eng, das könnte zu einer Lohn-Preis-Spirale führen. Dieses Thema haben wir in Europa aktuell nicht. Wir haben, wenn wir uns den Arbeitsmarkt ansehen, zwar auf den ersten Blick ein Beschäftigungsniveau das ähnlich ist wie vor der Krise. Doch es wurden deutlich weniger Arbeitsstunden geleistet als vor der Coronapandemie. Der Grund hierfür ist die Kurzarbeit. Viele Arbeitnehmer sind zwar in Beschäftigung geblieben, leisten aber weniger Arbeitsstunden als früher. In Europa haben wir die Beschäftigungsniveaus von vor der Krise noch nicht erreicht. Hinzu kommt, dass wir in Europa auch vor der Krise keine Vollbeschäftigung hatten. In Europa sind wir von einer Vollbeschäftigung weit entfernt, in den USA könnte die Vollbeschäftigung, nach Definition der Fed, aber bald erreicht werden. Deshalb glauben wir nicht, dass die Inflationsentwicklung in Europa so hoch sein wird wie in den USA.

BOND MAGAZINE: Während der Coronakrise wurden in den USA Sozialleistungen ausgezahlt und viele Menschen hatten nicht den großen Druck zu arbeiten.

Majoros: Ja, aber diese Unterstützungsmaßnahmen wurden zurückgefahren und der Arbeitsmarkt ist dennoch angespannt. Es ist auch nicht klar, wie viele Menschen in den USA in den Arbeitsmarkt zurückkehren könnten. Wir glauben, dass es viel weniger Menschen sind, als man denkt. Das hat viele Gründe, auch verursacht durch die Pandemie. Viele Menschen haben Geld beiseitegelegt und sind in Frührente gegangen. Oder stellen Sie sich vor, dass Paare von New York aufs Land gezogen sind, dann arbeiten beispielsweise nicht mehr beide, sondern ein Elternteil kümmert sich um die Kinder. Es gibt viele solcher Beispiele, die genaue Zahl ist aber sehr schwer einzuschätzen. Viele Menschen wollen wohl gar nicht in den Arbeitsmarkt zurückkehren. In den USA gibt es viele offene Stellen und die Löhne sind in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen. Diese führt deutlich länger zu einem Inflationsdruck als beispielsweise kurzfristige Engpässe bei Halbleitern.

BOND MAGAZINE: Welche weiteren Bereiche könnten einen Einfluss auf die Entwicklung der Inflation haben?

Majoros: Auch die Energiewende konnte sich viel stärker auf die Inflation auswirken, als wir bislang dachten. Das sagt inzwischen sogar die EZB. Viele Unternehmen haben in den vergangenen Jahren nicht mehr in traditionelle Energiequellen investiert. Es ist auch möglich, dass die klassischen Energieträger in den nächsten Monaten und Jahren weiter für einen Anstieg der Inflation sorgen. Gerade bei Dienstleistungen gibt es viele Gründe, die zu strukturellen Preissteigerungen führen. Die gestiegenen Immobilienpreise dürften in den USA auch längerfristig zu einem Anstieg der Mieten führen. 

Der Arbeitsmarkt ist unseres Erachtens enger als man denkt, die Gehälter steigen vermutlich über Jahre. Die Inflation dürfte auf Sicht von Jahren deutlich über 2% betragen. Die Fed steht vor einem Dilemma: Zum einen die Finanzmarktstabilität und zum anderen die Inflation. Die Frage ist, wie die Fed vorgehen wird. Bislang geht man in Richtung Inflationsbekämpfung. Nach unserer Einschätzung bleibt die Inflation dauerhaft höher, als viele Marktteilnehmer denken. Die Inflation wird möglicherweise zu deutlich höheren Renditen führen. Das kurze Ende der Zinskurve hat sich schon angepasst. Wir glauben, dass es eher zu mehr Zinsschritten kommen wird. Ein großes Thema ist auch die Bilanzreduktion der Fed. Dies wirkt eher auf das längere Ende der Zinskurve, also auf die 10-jährigen Staatsanleihen. Und das ist relevant für die Bewertung von nahezu allen Risikoassets. Denn wenn die Renditen von 10-jährigen Staatsanleihen steigen, dann wirkt das auf alle Assetklassen.

BOND MAGAZINE: Wie sollten sich Anleger also verhalten?

Majoros: Anleger sollten selektiv und vorsichtig vorgehen. Bei Renten sind wir sehr vorsichtig bei Staatsanleihen. Auch die Risikoprämien für Peripheriestaaten dürften steigen, also für die südlichen Euroländer. Man darf nicht unterschätzen, welchen Einfluss die Entscheidungen der Fed auf die EZB haben. Bei anderen Spread-Produkten, wie z.B. Unternehmensanleihen, sehen wir noch in einigen Bereichen attraktive Renditen. Aber man muss selektiv vorgehen, da die Renditen nicht hoch sind.

BOND MAGAZINE: In welchen Bereichen sehen Sie Chancen?

Majoros: Bei einigen Energie- oder Rohstoffunternehmen gibt es attraktive Kupons. Bei den Banken sehen wir in Europa noch immer höhere Kupons als bei Industrieunternehmen mit vergleichbaren Ratings. In Emerging Markets sehen wir höhere Kupons und teilweise positive reale Renditen. Das sucht eigentlich jeder Renteninvestor, wir haben das nicht in den USA und in Europa auch nicht.

BOND MAGAZINE: Wie werden sich im laufenden Jahr die Aktienmärkte entwickeln?

Majoros: Das Thema ist sehr komplex. Wir haben zwei wesentliche Aspekte, die die Aktienmärkte im laufenden Jahr beeinflussen werden: Das ist zum einen die Straffung der Geldpolitik – überall, aber insbesondere in den USA. Damit wird die Liquidität an den Märkten verringert. Wir haben das Tapering und im zweiten Schritt die Bilanzreduktion. Das ist sicher ein Problem für viele Wachstumsunternehmen, die sehr hoch bewertet sind und die noch keine Gewinne vorweisen können. Der Markt wird beispielsweise zwischen Microsoft und jungen Unternehmen, die noch hohe Investitionen benötigen, stärker unterscheiden. Bei den Wachstumsunternehmen muss man sich mehr auf die Blue Chips konzentrieren. Der Konjunkturzyklus verlangsamt sich und geht auch irgendwann zu Ende. Der Tag, an dem man bei der Aktienallokation defensiv aufgestellt sein möchte, kommt näher. Solange wir bei Wachstum noch über dem Potenzialwachstum sind, können auch immer wieder zyklische Sektoren, wie z.B. Banken oder Energie, davon profitieren. Man muss die Sektorrotation 2022 im Griff haben, und das wird sicherlich nicht einfach.

BOND MAGAZINE: Hängt nicht alles davon ab, wie schnell die Geldpolitik gestrafft wird? Könnte es auch sein, dass dies auch zu einer schärferen Korrektur an den Märkten führt?

Majoros: Das kann passieren. Seitdem die Fed im letzten Jahr erklärt hat, was man bei der Zinsentwicklung vorhat, hat sich das Thema eher auf die Bilanzreduktion verschoben. Hier gibt es noch nicht so viele Anhaltspunkte. Unsere Erwartung ist, dass dies in der zweiten Jahreshälfte 2022 beginnen könnte. Das hat einen großen Einfluss auf die Liquidität und die langfristigen Renditen. Das wird die Märkte hin und her bewegen.

BOND MAGAZINE: Wie sollen sich Anleger mittelfristig positionieren?

Majoros: Wenn sich das Wachstum verlangsamt, ist es wichtig, sich auf Sektoren zu konzentrieren, die unabhängig vom Konjunkturzyklus Wachstum generieren können. Das sind Technologie, Gesundheit oder Konsum. Innerhalb der Sektoren muss man zwischen den Blue Chips und den Unternehmen unterscheiden, für die der Markt diese Bewertungen wohl nicht mehr zahlen wird. Aus unserer Sicht kommen nur Investments in die Blue Chips infrage. Wenn der Konjunkturzyklus voranschreitet, muss man ggf. noch defensiver werden. Die Indizes müssen gar nicht unbedingt deutlich weiterfallen, aber es wird zu Sektorrotationen kommen.

BOND MAGAZINE: Welche Entwicklung erwarten Sie in China?

Majoros: Seit einigen Quartalen hat China schon selbst eine Verlangsamung des Wirtschaftswachstums veranlasst. In China hat das Wachstumsmomentum schon nachgelassen, als dies in Europa und den USA noch nicht der Fall war. Die Frage ist, wann sich die chinesische Führung entscheidet, das Wachstum wieder anzukurbeln. Dies könnte sehr wohl schon 2022 stattfinden.

BOND MAGAZINE: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Christian Schiffmacher, www.fixed-income.org
Foto: Gergely Majoros, Mitglied des Investmentkomitees © Carmignac


 

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