Europäische Bankaktien haben in den vergangenen Jahren bemerkenswerte Kursanstiege verbucht. Jeroen Knol, Senior Portfoliomanager bei BNP Paribas Asset Management, sieht sogar weiteres Aufwärtspotenzial: „Nach der Finanzkrise von 2008 hatten die Institute lange Zeit Schwierigkeiten. Doch über ein Jahrzehnt später waren Bilanzen und Ausschüttungsfähigkeit wieder solide und die Aktien verhältnismäßig sehr günstig zu haben.“ Der jüngste Kursanstieg sei möglicherweise erst ein Teil der Aufholbewegung.
Ein wesentlicher Treiber der Erholung sei das Umfeld höherer Zinsen, das den Instituten deutlich verbesserte Margen beschere. Dabei weist Knol allerdings auch auf die regional begrenzte Tätigkeit als mitentscheidender Faktor hin: „Während in Europa viele international ausgerichtete Branchen unter schwachem Wachstum, Handelsunsicherheit und dem Wechselkurs leiden, zeigt sich der Bankensektor von einer sehr stabilen Seite.“ Das habe sich laut Knol auch in den aktuellsten Quartalsberichten bemerkbar gemacht. „Trotz gesunkener Zinsen überraschten viele Institute mit stabilen Einlagen, wirksamen Zinsabsicherungen, ersten Anzeichen von Kreditwachstum und einer besseren Kreditqualität.“
Nach Einschätzung des Experten kamen ungefähr zeitgleich mit dem Anstieg der Zinssätze weitere für europäische Bankenaktien günstigen Faktoren hinzu. Darunter seien etwa das Ausbleiben eines klassischen Kreditzyklus nach Jahren der Entschuldung und staatlicher Pandemiefinanzhilfen sowie Vorteile in der Kostenkontrolle durch Digitalisierung. Auch hätten die Banken in den letzten 17 Jahren viel in die Optimierung ihrer Geschäftsmodelle und Bilanzen investiert, mit Erfolg: „Eine durchschnittliche Dividendenrendite von 7,5 Prozent sucht in anderen europäischen Sektoren derzeit ihresgleichen.“
Trotz der jüngeren Kursgewinne hält Knol die Bewertungen der europäischen Bankaktien weiterhin für attraktiv. „Im Vergleich zu Vorkrisenzeiten, zum europäischen Gesamtmarkt und vor allem zu US-Banken notieren sie weiter mit Abschlägen – und das bei deutlich höheren Kapitalquoten als vor 2008.“ Zudem würden die europäischen Infrastruktur- und Verteidigungsausgaben über einen längeren Zeitraum die Kreditnachfrage ankurbeln.
Risiken blendet Knol jedoch nicht aus. „Banken bleiben ein zyklischer Sektor, und eine unerwartete Wachstumsabschwächung könnte immer Kurskorrekturen auslösen.“ Weitere Belastungsfaktoren wären eine Rückkehr zu Nullzinsen, stockendes Kreditwachstum, strengere Regulierung oder politische Eingriffe. Auch ein Ausbleiben größerer Fusionen sowie zunehmender Wettbewerb durch digitale Anbieter könnten die Bewertungen dämpfen.
Alles in allem halten sich die Risiken aus Sicht des Investmentexperten derzeit aber in Grenzen. „Das Hauptrisiko für Banken waren historisch betrachtet immer sprunghaft steigende Kreditausfälle – und die sind momentan nicht in Sicht.“
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