YAML | Example "3col_advanced"
Anzeige

Anzeige
Anzeige
Anzeige

Italien vor der Wahl - Wie reagiert der Staatsanleihenmarkt?

von Christian Kempe, Portfoliomanager, Do Investment AG

Am 4. März findet nicht nur die 90. Oscarverleihung in Los Angeles statt. Am gleichen Tag steht auch ein Ereignis an, das vielleicht weniger Glamour verspricht, aber zumindest was die Finanzmärkte betrifft, viel Aufmerksamkeit einfordert. Die Rede ist von den italienischen Parlamentswahlen. Nicht ganz unbegründet fragen sich Anleger, wie es in Italien weitergeht und welche Implikationen verschiedene Wahlergebnisse mit sich bringen.

Ein Italexit, also ein Ausstieg Italiens aus dem Euro, erscheint unwahrscheinlich. Mittlerweile ist ein wachsender proeuropäischer Konsens bei den großen Parteien entstanden und die Themen im Wahlkampf sind primär innenpolitischer Natur.

Die populistische und ursprünglich europafeindliche Fünf-Sterne-Bewegung, eine der vier Parteien mit Popularitätswerten von über zehn Prozent in den Umfragen, liegt beispielsweise mit 25 bis 29 Prozent vor den regierenden Sozialdemokraten. Die Fünf-Sterne-Bewegung um ihren Spitzenkandidat Luigi Di Maio will mit innenpolitischen Themen punkten und kündigte an, im Falle eines Wahlsiegs Einkommensteuern vor allem für die untere Mittelschicht und Alleinverdiener-Familien zu senken. Im letzten Wahlkampf hatte die Fünf-Sterne-Bewegung noch ein Referendum über Italiens Ausstieg aus dem Euro gefordert. Inzwischen befürwortet diese Partei aber den Euro.

Die Zustimmung zur Demokratischen Partei des Ministerpräsidenten Paolo Gentiloni liegt derzeit bei nur noch 22 bis 25 Prozent. Zudem hat sich der linke Flügel der Partei abgespalten, der mittlerweile selbst auf Zustimmungswerte von fünf bis sieben Prozent kommt, die den Demokraten fehlen. Das schwächt die Demokratische Partei, die genauso einen proeuropäischen Kurs fährt wie der abgespaltete Flügel um den ehemaligen Anti-Mafia-Richter Pietro Grasso.

Mit Umfragewerten von 15 bis 18 Prozent ist die Forza Italia unter Silvio Berlusconi die drittstärkste Partei. Berlusconi sieht Italien fest in der EU verankert, kritisiert aber gleichzeitig die Einwanderungspolitik der vergangenen Jahre. Sein Verbündeter, die rechtspopulistische Liga Nord, ist hingegen zunehmend fremdenfeindlich und euroskeptisch eingestellt und möchte die Verträge mit der EU neu verhandeln. Zeitweilig forderte die Partei die Abspaltung des wohlhabenderen Norditaliens von Süditalien. Dass die Liga Nord in einer Koalition ihre streng europafeindliche Linie nicht noch einmal überdenken müsste, ist allerdings wahrscheinlich.

Die Finanzmärkte erkennen den bislang grundsätzlich proeuropäischeren Ton der italienischen Parteien aktuell an. Das spiegelt sich z.B. in der Entwicklung am Staatsanleihenmarkt wider: In der Regierungskrise unter Berlusconi im November 2011 notierten zehnjährige italienische Staatsanleihen noch bei über 7 Prozent. Inzwischen liegt die zehnjährige Rendite bei 2,1 Prozent und die zweijährige Rendite bei -0,2 Prozent. Der Zinsabstand zwischen italienischen und deutschen Staatsanleihen ist seit dem Frühjahr 2017 kontinuierlich auf dem Rückzug. Er befindet sich mit aktuell 1,3 Prozent im zehnjährigen Bereich auf dem niedrigsten Stand seit 2016. Im zweijährigen Bereich erhielten Anleger Anfang Februar 2018 mit gerade einmal 0,2 Prozent sogar den geringsten Renditeaufschlag seit 2005.

Zu beachten ist, dass für die anstehende Wahl ein neues Gesetz gilt. Ein gutes Drittel der Sitze wird jetzt über Direktmandate in den Wahlkreisen vergeben. In der Folge können Parteien nun mehr Sitze über Direktmandate gewinnen als es die Umfragewerte vermuten lassen. Koalitionen benötigen zudem neuerdings 40 Prozent der Stimmen. Hinzu kommt, dass 30 bis 40 Prozent der Wähler noch als unentschlossen gelten. Bei dieser Sachlage eine wirklich konkrete Wahlprognose abzugeben, ist sicherlich zum jetzigen Zeitpunkt ein bisschen wie Lottospielen.

Dennoch lassen sich in unseren Augen drei mögliche Szenarien herausstellen: Im ersten Szenario gewinnt eine nationalistische Koalition, gebildet aus der Fünf-Sterne-Bewegung, der Liga Nord und weiteren Kleinparteien (z.B. "Brüder Italiens"). Eine derartige "Anti-Establishment"-Koalition würde die Finanzmärkte belasten. Der Euro würde wahrscheinlich Werteinbußen verkraften müssen, die europäischen Aktienmärkte könnten schwächeln und die Rendite von italienischen Anleihen deutlich ansteigen. Das zweite Szenario besteht, auch wenn es die Parteien bislang ausgeschlossen haben, in einer von Deutschland inspirierten Großen Koalition der Demokratischen Partei mit Berlusconis Forza Italia und eventuell weiteren Kleinparteien. Die erneute Bestätigung der Demokratischen Partei würde für Kontinuität stehen und von den Finanzmärkten vermutlich positiv aufgenommen werden. Der aktuelle Trend zur Eurostärke könnte sich in diesem Fall fortsetzen und Aktienmärkte würden wahrscheinlich kurzfristig positive Impulse daraus ziehen können. Der Zinsabstand zwischen italienischen und deutschen Staatsanleihen könnte im Zehn-Jahresbereich von aktuell 1,3 Prozent weiter sinken, vielleicht sogar unter ein Prozent wie zuletzt im März 2015. Das dritte und wahrscheinlichste Szenario stellt eine Fortführung einer Koalition unter der bestehenden Führung des Ministerpräsidenten Paolo Gentiloni dar, wie sie seit Dezember 2016 besteht. In diesem Fall rechnen wir mit keinen großen Reaktionen der Finanzmärkte. Folglich ginge der Oscar für das bislang größte politische Non-Event des Jahres wohl an die Italien-Wahl.

Über die Do Investment AG:
Die Do Investment AG ist Teil der Unternehmensgruppe von Silvius Dornier. Eingebunden in ein einzigartiges Netzwerk und in enger Verknüpfung mit dem Family Office der Familie Silvius Dornier werden Privatpersonen, mittelständische Unternehmerfamilien, konservative Institutionen und Stiftungen ganzheitlich in allen Fragen der Vermögensplanung und des Vermögensmanagements betreut. Die Kernkompetenzen der Do Investment AG liegen neben der Strukturierung und Verwaltung von liquiden Vermögenswerten in ausgewählten Sachwertinvestments im Bereich der Agrarwirtschaft.


http://www.fixed-income.org/
(Foto: Christian Kempe © Do Investment AG)


Investment
Zum Ende der Woche geben die Markt­experten von Federated Hermes Kommen­tare auf das aktuelle Geschehen an den wichtigsten Finanz­märkten. In dieser…
Weiterlesen
Investment
Ron Temple, Chief Market Strategist bei Lazard, beo­bachtet derzeit die Produzenten­preise der USA mit beson­derer Aufmerk­samkeit. Er warnt, dass der…
Weiterlesen
Investment

von Giancarlo Perasso, Lead Economist Africa and Former Soviet Union bei PGIM Fixed Income

Da die globalen Zentral­banken ihre Engage­ments in US-Vermögens­werten diversi­fizieren, wirft die steigende Allokation in Gold Fragen hinsichtlich…
Weiterlesen
Investment
Die USA haben in den letzten Jahren eine Blütezeit erlebt – und sich trotz­dem zuletzt von den Grund­pfeilern dieses Erfolges entfernt, um eine neue…
Weiterlesen
Investment
„Für die Finanz­märkte ist eine Zins­senkung der Fed im Sep­tember praktisch beschlos­sene Sache“, sagt Benoit Anne, Benoit Anne, Anleihe­experte bei…
Weiterlesen
Investment

von Kai Jordan, Vorstand der mwb Wertpapierhandelsbank AG

Nach den ersten 100 Tagen von Friedrich Merz als Bundes­kanzler zieht die Öffent­lichkeit eine sehr durch­wachsene Bilanz. Seine Beliebt­heits­werte…
Weiterlesen
Investment

von Gareth Colesmith, Head of Global Rates and Macro Research bei Insight Investment

Mit der Veröffent­lichung der jüngsten US-Zoll­ankün­digungen beginnt sich ein klareres Bild von den Konturen des künftigen US-Handels­regimes…
Weiterlesen
Investment

von Bertrand Cliquet, Portfoliomanager der Strategien Lazard Global Listed Infrastructure und Global Equity Franchise

In einer Welt voller geo­politischer Unwäg­barkeiten und makro­ökonomischer Volatilität setzt Lazard Asset Management konsequent auf Vorherseh­barkeit…
Weiterlesen
Investment

von Mitch Reznick, Group Head of Fixed Income bei Federated Hermes Limited

Viel war los in den letzten Wochen. Europa und die USA haben ein Handels­abkommen geschlossen und damit eine potenziell chaotische Situation…
Weiterlesen
Investment
Der Vertrauens­verlust in US-Staats­anleihen hat spürbar zugenommen – befeuert durch dauerhaft hohe Haushalts­defizite, eine fehlende fiskalische…
Weiterlesen
Anzeige

Neue Ausgabe jetzt online!