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Wie lange noch?

von Kai Jordan, Vorstand der mwb Wertpapierhandelsbank AG

Kai Jordan © mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank AG

Nach den ersten 100 Tagen von Friedrich Merz als Bundes­kanzler zieht die Öffent­lichkeit eine sehr durch­wachsene Bilanz. Seine Beliebt­heits­werte sind noch schlechter als die von seinem Vorgänger Scholz. Damit hat keiner gerechnet. Letzte Woche traf sich der engste Kreis der CDU-Granden zu einen Krisen­gespräch. Inter­essanter­weise war Fraktionschef Spahn nicht mit dabei. Schon vorher war der Lack zwischen der SPD und der CDU mehr als beschädigt. Die AFD hängt die CDU in den Umfragen derzeit sogar ab, ohne dass Sie dafür etwas machen müsste.

Merz konnte die schulden­finanzierten Wahl­versprechen bereits umsetzen – vor allem in der Renten- und Wirtschaftspolitik. Das Rentenniveau wurde bis 2031 auf 48% festgeschrieben, die Mütterrente verbessert. Ein 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz wurde beschlossen, begleitet von steuerlichen Entlastungen für Unternehmen, darunter Sofortabschreibungen und eine schrittweise Körperschaftsteuersenkung. In der Migrationspolitik wurden der Familiennachzug begrenzt und Grenzkontrollen verschärft, was aber wiederum zu Streitigkeiten mit den direkten europäischen Nachbarn führte.

Wirkliche Reformen, die Deutschland dringend benötigt bleiben jedoch aus. Da trauen sich die Koalitionäre bisher nicht ran. Die sogenannte Aktivrente soll frühestens nach der Sommerpause konkretisiert werden. Auch die geplante Bürgergeldreform verzögert sich – ein Gesetzentwurf wird erst im Herbst erwartet, die Umsetzung könnte sich bis 2026 ziehen. Weitere Strukturreformen auf das vereinbarte Bürokratieabbauziel einzahlen – Fehlanzeige.

Kritik kommt vor allem aus der Wirtschaft. Trotz der neuen Investitionsanreize bleibt das Wachstum schwach – das BIP schrumpfte im zweiten Quartal leicht, und führende Ökonominnen und Ökonomen bemängeln das Ausbleiben struktureller Reformen. Auch der Ifo-Geschäftsklimaindex stagniert, und das Konsumklima ist weiterhin schwach. Besonders auffällig ist der rapide Vertrauensverlust in der Bevölkerung: In aktuellen Umfragen liegt die Zufriedenheit mit Merz bei nur noch 32%, rund zehn Prozentpunkte weniger als noch vor einem Monat. Zwei Drittel der Bürgerinnen und Bürger zeigen sich unzufrieden, während das Vertrauen in Merz’ Führungsstil deutlich geringer ausfällt als bei seinen Vorgängern. Und das muss man erst einmal hinbekommen.

Darüber hinaus belasten innerkoalitionäre Streitigkeiten – etwa um die Besetzung eines Verfassungsrichterpostens – das Bild der Regierungsarbeit. Auch Organisationen wie Transparency Deutschland üben Kritik an mangelnder Transparenz und fehlender Korruptionsprävention. Die versprochene politische Kultur der „neuen Ernsthaftigkeit“ hat bislang keine sichtbaren strukturellen Veränderungen bewirkt.

Insgesamt fällt die 100-Tage-Bilanz von Friedrich Merz sehr durchwachsen aus. Während schuldenfinanzierte (https://www.mwbfairtrade.com/de/aktuelles/newsdetail-de/news/kapitalmarkt-standpunkt-von-kai-jordan-vorstand-21/?no_cache=1&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&cHash=f393257c8bc14bbb83dc87eeb35de22d#c256) politische Versprechen durchaus eingelöst wurden, fehlt es bislang an tiefgreifenden Reformen und einer überzeugenden strategischen Linie. Die öffentliche Stimmung ist gedämpft, und die Koalition steht unter Druck, nach der Sommerpause konkrete Ergebnisse zu liefern. So forderte die Actien-Börse in der Ausgabe vom 16.08. bereits schriftlich den Rücktritt des Kanzlers und auch das Handelsblatt zweifelt „ob die Koalition noch die Kraft für die dringend notwendigen Wirtschaftsreformen aufbringen kann.“

Zwar soll nach der Sommerpause alles besser werden, aber Finanzminister Klingbeil sprach sich nun im Sommerinterview für Steuererhöhungen aus, um die Haushaltslücke zu schließen. Hierbei will er auf die Besteuerung von hohen Vermögen und hohen Einkommen setzen. Diese Lücke sei „etwas, wo sich gerade Menschen mit hohen Einkommen, hohen Vermögen auch fragen müssen: “Welchen Teil tragen wir dazu bei, dass dieses Land gerechter wird?’“. Ein klassischer sozialdemokratischer Standpunkt – das wird der eine oder andere angesichts der haussierenden Asset-Preise so sehen – aber zum Frieden in der Koalition und gerade auch mit der CSU dürfte das kaum beitragen.

Trump wiederum regiert mit Tempo – doch der Erfolg bleibt ungewiss

Über die Themen „Big Beautiful Bill“ und das „Zollgeschacher“ hatten wir ja schon einiges geschrieben. Für Kritik sorgt zudem Trumps Einfluss auf unabhängige Institutionen: Personalentscheidungen im Umfeld der US-Notenbank und öffentlicher Druck auf deren Zinspolitik wecken Zweifel an der wirtschaftspolitischen Stabilität. EJ Antoni, der in der letzten Woche von Präsident Donald Trump für das Amt des nächsten Leiters des Bureau of Labour Statistics nominiert wurde, schlug vor, dass die Behörde ihren monatlichen Arbeitsmarktbericht aussetzen sollte, bis dieser „korrigiert“ sei. Vor dem Hintergrund, dass das DOGE der Behörde substantielle Streichungen verpasst hatte ein bemerkenswerter Vorgang. Wie lange die Märkte den Mangel an Transparenz bzw. kommende Hofberichterstattung so hinnehmen, wissen wir nicht.

Die wirtschaftlichen Indikatoren zeichnen ein gemischtes Bild. Zwar bleibt die Börse stabil, doch das Beschäftigungswachstum flaut ab – im Juli wurden nur 73.000 neue Stellen geschaffen. Gleichzeitig schwächelt das Wirtschaftswachstum, während die Inflation hoch bleibt.

Außenpolitisch versucht der Januskopf Trump, mit begrenzten Feuerpausen in Jemen und der Ukraine Erfolge zu verbuchen. Die Lieferung von Patriot-Raketen an Kiew und neue Sanktionen gegen den Iran signalisieren Härte, doch dauerhafte Lösungen bleiben bislang aus.

Der sogenannte Gipfel zwischen Putin und Trump in Alaska wird von Kennern als Desaster gesehen. Trump hat alle „Wissenden“ gecancelt und durch persönliche „Buddys“ ersetzt, die sich durch immense Unwissenheit auszeichnen. Wittkoff hatte wohl schon bei seiner jüngsten Reise nach Moskau zur Vorbereitung des Gipfels mal wieder alles falsch verstanden. Wer in Alaska nicht dabei ist, steht auf der Speisekarte der USA und Russlands. Eine reine Showveranstaltung für Putin.  Ein Lawrow, der mit einem CCCP-Pulli anreist und damit schon klar macht, was das Ziel ist. Die Wiederherstellung der Grenzen der alten UDSSR. 

Bereits jetzt bezeichnen seriöse Medien das Vorgehen Trumps in Anchorage als „Liebedienerei“ und spekulieren über die Gründe. Genannt werden hier explizit die mögliche Kenntnis der Russen über den Inhalt der Epstein-Files. Das wäre mehr als pikant, sondern eben ein Desaster.

Mal sehen, wie sich der US Präsident bei den nun folgenden Verhandlungen unter Einbeziehung der Europäer und Selenskyj bewegt. Und ob er bei seinen Zusagen bzgl. Sicherheitsgarantien bleibt oder wieder den „TACO“ (Trump always chickens out) macht.

Unterm Strich hat Trump manches von dem umgesetzt, was er versprochen hat – insbesondere bei Steuern, Migration und Handel. Nur was kam dabei bisher heraus? Der versprochene wirtschaftliche Aufschwung lässt auf sich warten. Auch außenpolitisch dominieren Inszenierung und Druck, nicht Diplomatie. Er ist noch mehr TACO als während seiner ersten Legislaturperiode. Damit steht seine zweite Amtszeit bislang für entschlossene, aber auch sprunghafte Umsetzungen – mit offenem Ausgang und wirklich messbaren Erfolg.

Derweil bleiben die Märkte zumeist im „Risk-On“. Bemerkenswert für die USA weiter unter Führung der Mag7 und KI-Werte:

1. Aktien – All time high
2. Häuserpreise – All time high
3. Bitcoin – All time high
4. Gold – All time high
5. Geldmenge – All time high
6. Staatsverschuldung – All time high
7. Inflation bei 4 % – doppelt so hoch wie das Ziel der FED
8. Der Markt rechnet trotzdem mit einer Zinssenkung

Der Ölpreis kommt glücklicherweise nicht vom Fleck. Die Unsicherheiten über die direkte oder indirekte Versorgungslage mit russischem Öl ist hier der Grund. Analysten erwarten weiterhin hohe Volatilität, da geopolitische Risiken rund um Russland und OPEC+ schwer kalkulierbar bleiben. Der Dollar bekommt ebenfalls weiterhin keinen Boden unter die Füße. Und auch die Anleihemärkte hängen in Europa und auch jenseits des Atlantiks knapp oberhalb der Tiefpunkte von 2023. Darauf sollten Anleger ein Auge haben, wenn die Kurse sich hier weiter nach unten wenden.

Gleichzeitig verdichteten sich Erwartungen an eine Zinssenkung der Federal Reserve. Zur Diversifikation sind auch Anleihen von Small- and Mid-Caps geeignet, die eine ordentliche Rendite über der Inflationsrate versprechen. Dabei aber bitte nicht nur auf Markennamen und „hippe“ Branchen schauen, sondern auf Zahlen und die betreuenden Institutionen.

Das Gipfeltreffen brachte kaum unmittelbare Marktreaktionen, hat jedoch das Risikobewusstsein geschärft. Wer sein Portfolio krisenfest aufstellen will, setzt jetzt auf Diversifikation und geopolitisch widerstandsfähige Sektoren.

Zu mwb:
Die mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank AG ist ein von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zugelassener Wertpapierdienstleister mit Niederlassungen in Gräfelfing bei München, Hamburg, Hannover, Frankfurt und Berlin. Das Unternehmen wurde 1993 gegründet. 1999 erfolgte der Börsengang. Heute ist die mwb-Aktie (ISIN DE000A3EYLC7, WKN A3EYLC) an der Börse München im Segment m:access notiert wie auch im Freiverkehr an den Börsen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt (Basic Board), Hamburg und Stuttgart. mwb ist in zwei Geschäftsbereichen aktiv: Wertpapierhandel und Corporates & Markets. Im Wertpapierhandel betreut mwb gut 51.000 Orderbücher für deutsche und internationale Wertpapiere. Dabei handelt es sich sowohl um Aktien als auch um festverzinsliche Wertpapiere und offene Investmentfonds. Damit ist mwb einer der größten Skontroführer in Deutschland.

www.fixed-income.org
 

 

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