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Zurückhaltung in Frankfurt

von Olivier de Berranger, Chief Investment Officer, und Enguerrand Artaz, Fondsmanager La Financière de L‘Echiquier

Die Erwartungen an die erste Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) in diesem Jahr waren nicht sehr hoch, auch wenn mancher Anleger auf moderatere Töne von EZB-Präsident Mario Draghi sowie mögliche Hinweise auf einen neuen Termin für die erste Zinsanhebung gehofft hatte. Bei diesem zweiten Punkt erfüllte sich der Wunsch der Märkte nicht, denn die Strategie bleibt unverändert: Auslaufende Anleihen werden auch nach der ersten Zinsanhebung, die nicht vor dem nächsten Sommer erfolgen wird, wiederangelegt.

Hinsichtlich der Wirtschaftslage war die Position des EZB-Präsidenten jedoch zurückhaltender. Die EZB reagiert auf die Risiken, denen die Konjunktur ausgesetzt ist, äußerst empfindlich und geht eher von Abwärtsrisiken aus. Mario Draghi verwies auf die fortwährende Unsicherheit im Zusammenhang mit den geopolitischen Risiken und dem Protektionismus, die die Stimmung drücken. Überdies erwähnte er die enttäuschenden aktuellen Konjunkturindikatoren und die Verlangsamung des Welthandels. Zudem sprach er die Anfälligkeit einiger Schwellenländer (allen voran China, auch wenn er sich hinsichtlich der Wirksamkeit möglicher Anreizmaßnahmen zuversichtlich zeigte) und die Volatilität an den Finanzmärkten an.

Auch wenn die EZB ihre Wachstumsvorhersagen bisher nicht korrigiert hat, könnte dies auf der März-Sitzung laut Ankündigung von François Villeroy de Galhau, dem Gouverneur der Banque de France und Mitglied des EZB-Rates, geschehen. Er sagte darüber hinaus, dass sich die EZB je nach Aktivität und Konjunkturlage die erforderliche Zeit nehmen werde. Diese Äußerungen sind trotz der Abkopplung der Geldpolitik letztlich sehr nahe an den jüngsten Aussagen der US-amerikanischen Fed.

Diese demonstrative Zurückhaltung der EZB fiel in eine Woche, die voll war von beunruhigenden Konjunkturdaten. Der IWF korrigierte kürzlich seine Wachstumsprognosen für das laufende Jahr für die Weltwirtschaft von 3,7 % auf 3,5 % und für die Eurozone von 1,9 % auf 1,6 % nach unten. Die vorläufigen Einkaufsmanagerindizes für die Eurozone enttäuschten im Januar erneut. Der zusammengesetzte Einkaufsmanagerindex fiel auf 50,7, während ein leichter Anstieg auf 51,4 erwartet worden war. Der IFO-Index, der das Vertrauen der deutschen Unternehmenschefs in die Konjunkturperspektiven misst, erreichte mit 94,2 den tiefsten Wert seit Ende 2012.

Dieses düstere Bild ist jedoch differenziert zu betrachten.

Zwei Dinge könnten dem Konjunkturzyklus in Europa neues Leben einhauchen: Einerseits deutet der zurückhaltende Ton von Mario Draghi auf dauerhaft lockere finanzielle Bedingungen hin. Die insgesamt weniger als die US-Unternehmen verschuldeten europäischen Unternehmen könnten zum Ausbau ihrer Fertigungskapazitäten neue Schulden für Investitionsprogramme aufnehmen. Andererseits wird das französische Konjunkturprogramm die Kaufkraft der konsumfreudigsten Haushalte steigern. Weitere Länder könnten diesem Beispiel folgen, was eine wichtige Stütze darstellen könnte. Diesbezüglich rief Mario Draghi die Regierungen der Eurozone abermals zur Umsetzung derartiger Programme auf, damit die geldpolitischen Maßnahmen von den haushaltspolitischen Maßnahmen abgelöst werden. Ob die Proteste auf Frankreichs Straßen die Führer Europas letztlich dazu bewegen werden, den Empfehlungen der EZB zu folgen?

https://www.fixed-income.org/
(Foto: Olivier de Berranger
© La Financière de L’Echiquier)


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