YAML | Example "3col_advanced"
Anzeige

Anzeige
Anzeige
Anzeige

Schweizer Rekordwachstum im Konflikt mit der SNB-Kommunikation

von Karsten Junius, Chefökonom, Bank J. Safra Sarasin AG

Man kann sich ja mal irren. Als Ökonom sowieso. Und bei Prognosen erst recht. Aber im Durchschnitt sollte man doch die richtigen Signale geben. Erschwert wir das Prognosegeschäft sicherlich dadurch, dass sich die Datenbasis durch Revisionen verändern kann, wie dies nun beim Schweizer Bruttoinlandsprodukt (BIP) geschehen ist, das nach neueren Rechnungen im letzten Jahr statt 1,1% plötzlich nun um 1,6% gestiegen ist. Auch die vorherigen beiden Jahre wurden nach oben korrigiert. Dies ist ein Grund weshalb sich Ökonomen niemals nur auf einzelne statistische Zeitreihen verlassen sollten, sondern immer auch auf eine Beurteilung der Gesamtsituation, die beispielsweise qualitative Konjunktursignale mit einbezieht, die aus Unternehmensgesprächen resultieren. All dies tut die Schweizerischen Nationalbank (SNB). Liest man jedoch noch einmal ihre letzte Geldpolitische Lagebeurteilung, so scheint die nur wenig mit den Signalen zu tun zu haben, die man vom Schweizer Arbeitsmarkt, den Finanzmärkten oder der offiziellen BIP-Statistik erhält.

So heisst es bei der SNB, dass der «Franken hoch bewertet» sei, die Lage auf den Devisenmärkten mit Verweis auf die politische Unsicherheit in Italien «fragil» sei und die «Attraktivität von Franken Anlagen tief» gehalten würde. Es kann sein, dass der Franken hoch bewertet ist – seine hohe Kaufkraft im Ausland spricht durchaus dafür, unattraktiv sind Franken Anlagen dennoch nicht gewesen. Seit Jahresbeginn hat der Franken gegenüber den meisten Währungen aufgewertet, gegenüber dem Euro allein um rund 4%, während Schweizer Midcaps die grossen europäischen Aktienindizes geschlagen haben. Gleichzeitig hat sich der Franken in den letzten Tagen, als die Zinsaufschläge für italienische Anleihen wieder massiv gesunken sind, überhaupt nicht verändert. Dies signalisiert, dass die letzte Frankenstärke vielleicht eher die Stärke der Schweizer Wirtschaft reflektiert.

So berichtete das SECO letzte Woche, dass die Wirtschaft nun «zum fünften Quartal in Folge überdurchschnittlich» expandiert sei, wozu vor allem das verarbeitende Gewerbe mit einem seit dem Frühjahr 2017 bemerkenswerten Aufschwung beigetragen habe. Die Warenexporte seien dementsprechend gewachsen. Wie verträgt sich das mit der Einschätzung der Nationalbank, dass der Franken hoch bewertet sei und die Bereitschaft zu Devisenmarktinterventionen nötig bliebe? Die hohe Bewertung des Franken steht zumindest einer florierenden Exporttätigkeit nicht im Wege noch dem vom SECO veröffentlichten BIP-Wachstum von immerhin 3,4% gegenüber Vorjahresquartal. Sicherlich bei dem Vorjahresvergleich könnte man noch die unterschiedliche Anzahl an Arbeitstagen abziehen und dann blieben nur noch 3,2%. Oder man rechnet den Effekt sportlicher Grossereignisse wie der Fussball-Weltmeisterschaft und der Olympischen Spiele heraus, die zusammen einen Wachstumsbeitrag von noch einmal 0,4 % gebracht haben. Aber auch bei einem Wachstum von nur 2,8% liesse sich die Dynamik schlecht mit dem von der SNB in vierteljährlicher Regelmässigkeit immer wieder betonten Abwärtsrisiken für ihr wirtschaftliches Hauptszenario vereinen; und dass obwohl die protektionistischen Tendenzen und politischen Spannungen, die sie anführt, doch wohl als eingetroffen gelten dürften.

Es stellt sich daher die Frage, was die SNB wohl mit Abwärtsrisiken meint. Möglich ist, dass das Hauptszenario der Nationalbank tatsächlich ihre durchschnittlich erwartete, unverzerrte Erwartung ist, ein Prognosekorridor (wie der von anderen Zentralbanken verwendete Fan-Chart) aber kein symmetrisches Bild zeigen würde. Wenn das über die Jahre so zuträfe, wäre es aber wohl verständlicher, dann auch solch einen Chart zu zeigen. Eine zweite Interpretation der Risikoeinschätzung der SNB wäre, dass sich das Risiko eher auf ihre eigenen geldpolitischen Möglichkeiten bezieht, die ihr im Risikofall effektiv zur Verfügung stehen. Diese mögen tatsächlich grösser sein, wenn Wachstum und Inflation nach oben überschiessen. Die SNB könnte dann einfach die Zinsen deutlicher erhöhen und den Wechselkurs aufwerten lassen. Bei Deflation und stagnierendem Wachstum blieben ihr nur die aktuell angewandten Politikoptionen. Diese Interpretation würde für die Erhöhung des Inflationsziels sprechen, das ihr im Krisenfall einen grösseren Zinssenkungsspielraum gäbe. Schliesslich besteht noch die Möglichkeit, dass man vielleicht gar nicht zu viel in die Risikoeinschätzung der Nationalbank reininterpretieren sollte. Der Ökonomenzunft in Institutionen wie dem Internationalen Währungsfonds (IWF), der OECD, vielen nationalen Zentralbanken, Universitäten sowie Ökonomen im Privatsektor, wurde vorgeworfen, dass sie die Grosse Finanzkrise nicht vorhergesehen und davor gewarnt hätten. Seitdem ist zu beobachten, dass die meisten Institutionen nun mögliche Risiken immer intensiv diskutieren. Vor der nächsten Krise nicht gewarnt zu haben, wird sich daher kaum ein Ökonom mehr vorwerfen lassen müssen. Und irgendwann wird auch sicherlich wieder eine Krise eintreffen. Ob permanentes Warnen davor, dann aber die notwendige Aufmerksamkeit gefunden hat, ist fraglich.

Zunächst einmal wird sich beim Quartalstreffen am 20. September zeigen, ob die Nationalbank angesichts der sehr positiven Wirtschaftsentwicklungen in ihrer Lageeinschätzung zu optimistischeren Formulierungen findet. Ihrer Glaubwürdigkeit würde das nicht schaden.


http://www.fixed-income.org/ 
(Foto: Karsten Junius © Bank J. Safra Sarasin AG)


Investment

von Ali Dibadj, CEO von Janus Henderson Investors

Wenn 2024 das Jahr der Wahlen war, ist 2025 das Jahr des poli­tischen Wandels. Die Zölle haben die Märkte er­schüttert und gezeigt, dass…
Weiterlesen
Investment
Die Staatsa­nwalt­schaft München hat im Fall Sympatex Klage erhoben. Der Prozess, u.a. gegen Frank Günther beginnt am 01.07.2025.Die…
Weiterlesen
Investment

von Blerina Uruci, Chef-Ökonomin USA bei T. Rowe Price

Es scheint mittler­weile sicher, dass die beiden größten Volks­wirt­schaften der Welt, China und die USA, ein geringeres Wirtschafts­wachs­tum…
Weiterlesen
Investment

von Harvey Bradley, Co-Head of Global Rates bei Insight Investment

Abgesehen von der Presse­konferenz von Fed-Chef Powell werden die Märkte den viertel­jährlichen „Dot Plot“ der Fed genau beo­bachten, um Hinweise…
Weiterlesen
Investment

von Chris Iggo, CIO Core Investments bei AXA Investment Managers

Seit dem 9. April ist der S&P 500 um 11% gestiegen, und es naht der Tag, an dem Trump seine end­gültigen Zoll­pläne bekannt geben will. Israel und der…
Weiterlesen
Investment

von Elisa Belgacem, Senior Credit Strategist bei Generali Investments

Der jüngste isra­elische Schlag gegen den Iran dürfte angesichts der starken tech­nischen Daten im Verlauf des Sommers keine größeren unmittel­baren…
Weiterlesen
Investment
Die Kombi­nation von Photo­voltaik-Anlagen mit Batterie­speichern (hybride Energie­anlagen) gilt als Schlüssel­technologie, um das europäische…
Weiterlesen
Investment
Die Renditen japa­nischer Staats­anleihen (JGBs) sind seit Beginn des Jahres kräftig gestiegen. Insbe­sondere die Aufwärts­bewegung im ultra­langen…
Weiterlesen
Investment

von Stephen Dover, Head of Franklin Templeton Institute

Mögliche Störung der globalen Ölver­sorgung: Aufgrund der Stellung des Iran als mittel­großer Ölprodu­zent und -exporteur sind die Ölpreise nach…
Weiterlesen
Investment
Wenli Zheng, Portfolio­manager bei T. Rowe Price kommen­tiert die Zoll­pause zwischen den USA und China.•  Zwar wird mit weiteren Handels­ge­sprächen…
Weiterlesen
Anzeige

Neue Ausgabe jetzt online!