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Stehen wir am Ende eines Öl-Superzyklus?

von Audrey Bismuth, Global Macro Researcher, La Française AM

Im Juli sank der WTI-Preis (West Texas Intermediate) zum ersten Mal seit April unter die Marke von 100 $ pro Barrel. Die Gründe: die Angst vor einer tiefen Rezession wächst, der Dollar wird stärker und die Zahl der Corona-Fälle nimmt in China, dem zweitgrößten Ölverbraucher der Welt, zu. In ihrem Julibericht betonte die US Energy Information Administration, dass 2022 das erste Jahr seit 1999 sein werde, in dem die OECD-Länder mehr Öl verbrauchen werden als die Nicht-OECD-Länder. Die Zentralbanken werden weltweit die Zinsen aggressiv anheben müssen, um die anhaltende, breitere und stark erhöhte Inflation zu bekämpfen. Sie müssen die Nachfrage „abkühlen“, bis der Inflationsdruck nachlässt. Infolgedessen haben die Ölhändler ihre Netto-Long-Positionen seit Juni abgebaut.

Die Fundamentaldaten bleiben jedoch stabil: Lieferengpässe der OPEC+, niedrige Lagerbestände, schwindende Kapazitätsreserven, hohe Raffineriemargen aufgrund der saisonalen Nachfrage und Störungen der russischen Exporte. Die Terminkontrakte befinden sich nach wie vor in einer starken „Backwardation“ (der Terminpreis liegt unter dem Spotpreis), was sich theoretisch günstig auf den Spotpreis auswirkt. Am 18. Juli erholte sich der Brent-Spotpreis auf etwa 106 US-Dollar, während die Brent-Rohöl-Futures für Dezember 2022 etwas niedriger bei 96 US-Dollar pro Barrel notierten. Die Preise für physisches Brent-Rohöl sind laut Bloomberg auf den höchsten Stand seit 2008 gestiegen.

Die weltweite Ölnachfrage nimmt weiter zu. Analysten der Internationalen Energieagentur (IEA) und der US Energy Information Administration (EIA) gehen davon aus, dass die weltweite Ölnachfrage 2023 um mindestens 2 Mio. Barrel pro Tag (B/T) auf 101,3 Mio. B/T bzw. 101,6 Mio. B/T steigen wird und damit wieder über dem Niveau von 2019 liegt. Die OPEC ist optimistischer und erwartet eine Zunahme der weltweiten Ölnachfrage um 2,7 Mio. B/T. Das Wachstum der globalen Ölnachfrage wird von einem starken Anstieg in den Nicht-OECD-Ländern, insbesondere in Asien, ausgehen, wo das Wachstum durch einen erneuten Anstieg der Kerosinnachfrage angetrieben wird. Die nachlassende Konjunktur könnte natürlich in Zukunft zu einer gewissen Abwärtskorrektur führen. In der Vergangenheit ist die Ölnachfrage jedoch nur in den schlimmsten globalen Rezessionen zurückgegangen. Laut J.P.Morgan ist die jährliche Ölnachfrage mit Ausnahme der Corona-bedingten Rezession 2020 noch nie um mehr als 3,0 Mio. B/T in einem Jahr zurückgegangen. In den Jahren, in denen die Ölnachfrage im Jahresvergleich zurückging, lag der Nachfragerückgang in 60 % der Fälle unter 1,0 Mio. B/T, und in 20 % der Fälle sank die Nachfrage um 1,5-2,0 Mio. B/T.

Auf der Angebotsseite erwarten die Analysten eine begrenzte Produktion der OPEC-Länder und ein größeres Angebot der Nicht-OPEC-Produzenten, insbesondere der USA. Die OPEC+-Länder liefern weiterhin geringere Fördermengen als die monatlichen Förderquoten, obwohl sich die Ölpreise seit Jahresbeginn bei rund 105 US-Dollar eingependelt haben. Die zehn an der OPEC+-Vereinbarung beteiligten Förderländer produzierten 24,8 Mio. B/T und lagen damit 1 Mio. B/T unter dem OPEC-Ziel für Juni. Das Unvermögen, die Produktion zu steigern, wird angesichts der alternden Infrastruktur und der jahrelang niedrigen Investitionen wahrscheinlich anhalten. Nur Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate verfügen über genügend freie Kapazitäten, um mehr zu fördern. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur könnte ihr gemeinsamer Puffer im August mit dem vollständigen Auslaufen der Rekordkürzungen der OPEC+ auf nur 2,2 Mio. B/T sinken. Saudi-Arabien produziert derzeit rund 11 Mio. B/T und meldet eine maximale nachhaltige Kapazität von 12 Mio. B/T. Im April 2020 hat das Land einmalig 11,5 Mio. B/T erreicht. Darüber hinaus ist es den USA und dem Iran trotz Gesprächen nicht gelungen, das Atomabkommen mit dem Iran zu erneuern. In den USA liegt die Produktion weiterhin um etwa 1,0 Mio. B/T unter dem Höchststand vor der Pandemie. Der Druck der Investoren, die Kapitaldisziplin aufrechtzuerhalten, ist der Hauptgrund, warum börsennotierte Ölproduzenten trotz hoher Ölpreise das Wachstum beschränken.  Die fünf größten Ölgesellschaften der Welt planen in diesem Jahr Investitionen in Höhe von 81,7 Mrd. US-Dollar, die Hälfte dessen, was sie 2013 ausgegeben haben. Inflation, Probleme in der Lieferkette, Arbeitskräftemangel und geringere Aktivitäten der Betreiber haben das Produktionswachstum ebenfalls eingeschränkt. Nach 11,6 Mio. B/T im ersten Halbjahr 2022 erwartet die US Energy Information Administration einen Anstieg der US-Rohölproduktion auf durchschnittlich 12,2 Mio. B/T im laufenden Halbjahr und auf 12,8 Mio. B/T im Jahr 2023, womit der bisherige Jahresrekord aus dem Jahr 2019 übertroffen würde. Die zunehmende Produktion von Begleitgas aus dem Permian-Becken, dem größten Erdölfördergebiet der USA, stellt in den nächsten Monaten ebenfalls ein Abwärtsrisiko für die Rohölproduktion dar.

Die weltweiten Ölvorräte sind nach wie vor extrem niedrig. Die Bestände der OECD-Industrie haben sich dank umfangreicher staatlicher Lagerfreigaben (die im Oktober enden sollen) etwas erholt, liegen aber immer noch fast 300 Millionen Barrel unter ihrem Fünfjahresdurchschnitt. Darüber hinaus wird die Verknappung des Angebots zu einer Herausforderung, da das Embargo der Europäischen Union gegen russisches Öl Ende des Jahres vollständig in Kraft treten soll. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur gingen die russischen Ölexporte im Juni um 250 000 B/T auf 7,4 Mio. B/T zurück, den niedrigsten Stand seit August 2021.

Insgesamt dürfte die Volatilität der Rohölpreise anhalten, bis der Inflationsdruck abnimmt. Die Dynamik wirkt jedoch weiterhin günstig auf die Ölpreise, d. h. die Terminkurven befinden sich weiterhin in „Backwardation“.

www.fixed-income.org
Foto: Audrey Bismuth © La Française AM



 

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