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Wendezeiten?

von Kai Jordan, Vorstand der mwb Wertpapierhandelsbank AG

Kai Jordan © mwb Wertpapierhandelsbank AG

In Deutschland steht man offen­sichtlich auf Wenden. Das klingt nach 180 Grad Kurs­wechsel und eher nach Revolution als nach Evolution. Beim Segeln jedenfalls bezeichnet man eine Wende als ein Manöver, bei dem das Segelboot mit dem Bug durch den Wind gedreht wird, um die Fahrtrichtung zu ändern, sodass der Wind von der anderen Seite auf das Boot trifft. 

So begann man in den 70ern bereits mit einer „Energie­wende“, 1982 gab es eine politische „geistig-moralische“ Wende gefolgt von der deutsch/deutschen Wende 1989/90. Olaf Scholz rief dann 2022 die „Zeitenwende“ aus und die FDP kam 2024 auf den letzten Metern noch mit der Idee einer „Wirtschaftswende“. Aktuelle erleben wir eine „Wende in der Asylpolitik“. Die Bewertung der Umsetzung und Folgen der jeweiligen Wenden überlassen wir Ihrem und unserem Erinnerungsvermögen. 

Nun kommt aktuell eine Art „Investitionswende“ auf Deutschland zu. Die „Made-for-Germany“ genannte Initiative von 61 namhaften Unternehmen will Deutschland „ein neues Betriebssystem“ verpassen und mit der Ankündigung von Investitionen von bisher € 631 Mrd. ein Bekenntnis zum Standort abgeben und eine Stimmungswende im Land erzeugen. Wir sagen leise „Wow“ und pfeifen anerkennend. Jedenfalls wenn es sich tatsächlich um zusätzliche Investitionen und damit um „frisches“ Geld handelt und nicht nur um das „umlabeln“ längst geplanter Ausgaben. 

In Verbindung mit den Milliardeninvestitionen aus der Staatsverschuldung (https://www.mwbfairtrade.com/de/aktuelles/newsdetail-de/news/kapitalmarkt-standpunkt-von-kai-jordan-vorstand-4/?no_cache=1&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&cHash=a6161c6f5ce2ccc686e89efbe0ac42e0) kann das eine echte Initialzündung werden. „Allein durch das Sondervermögen Infrastruktur in diesem Jahr von 37,2 Mrd. Euro. Allerdings verbindet sich damit eine Erwartung an die Koalition zu strukturellen Veränderungen zu Themen wie Bürokratieabbau, Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, einer Kapitalmarktreform und Schritten hin zu einer kapitalgedeckten Rente. 

Wow. Nur hier sind eben noch viele Fragen offen. Denn wie das Handelsblatt eben zu Recht schreibt, ist das Projekt nun zum Erfolg verdammt. Hier baut sich gewaltiger Druck auf eine Regierung auf, die sich zuletzt noch nicht mal auf einen Richterposten einigen konnte und auf eine Flut von falschen Vorwürfen aus der radikal-klerikalen und radikal rechten Ecke hereingefallen ist. Hereingefallen? Es gibt ja durch aus Menschen deren Sensorik hier einen Plan vermuten. Scheitert diese Koalition unterstellen manche Beobachter dem ehemaligen Gesundheitsminister das er seine langjährigen Ambitionen auf das Kanzleramt gerne mit den blauen Stimmen umsetzen will. Und der Verkehrsminister arbeitet augenscheinlich auch eher auf dieser Seite. Das er nun dem rechtspopulistischen und rechtskonservativen (https://de.wikipedia.org/wiki/Nius) Medium Nius, das auch die Initiative zur gescheiterten Richterinnenwahl angeführt hat ein Interview zur Asylpolitik. Gleichzeitig entschlackt die sogenannten Alternative ihre Programmatik von den Begriffen „deutsche Leitkultur“ und „Remigration“. Ob dies nur angesichts eines drohenden Verbotsverfahrens passiert oder ob man sich hier der besseren Koalitionsfähigkeit zuwendet, wenn dann doch die ersten über die Brandmauer klettern überlassen wir der Bewertung des geneigten Lesers. In Anbetracht der aktuellen Demoskopien rückt eine derartige Wende nach rechts jedenfalls ins Blickfeld. Und das riecht auch mancher Abgeordneter der (noch) links der Brandmauer sitzt. Ob im Angesicht derartiger Machtgedanken die Koalition die Kraft findet diese Megaherausforderungen anzugehen? 

Unabhängig von politischen Überzeugungen kann man auf der Metaebene der Koalition daher nur den Mut und die Kraft wünschen einige der skizzierten Themen auch erfolgreich umzusetzen und die dicke Kruste aufzubrechen, unter der das Land ächzt. Damit diese Wende ins Blaue nicht eintritt. Wir tun das sehr deutlich. 

Bei den geplanten Investitionen ist es unerlässlich, dass sich Wirtschaft und Staat wirklich belastbar koordinieren. Hier geht es um die Definition regionaler Schwer-punkte bei Infrastrukturinvestitionen, Zielbranchen und eben die parallel anzugehen-den Strukturreformen. 

Aber auch ansonsten droht Ungemach und Gegenwind. Denn das Thema Einigung im Zollstreit mit den USA erweckt derzeit nicht den Eindruck, als käme man mit „Flinten-Uschis Diskussions- und Kuschelkurs“ bei den Amerikanern wirklich weiter.  Gleichzeitig hängen die Anleihemärkte in Europa und auch jenseits des Atlantiks knapp oberhalb der Tiefpunkte von 2023. Darauf sollten Anleger ein Auge haben, wenn die Kurse sich hier weiter nach unten wenden. Der Dollar jedenfalls hat sich trotz der steigenden Zinsen in südliche Richtung gewendet. Kein Wunder, bei dem Dauerfeuer das Finanzminister Bessent und Trump in Richtung FED abbrennen. Hier geht es keineswegs mehr nur um das Amt von Jerome Powell, der ja regelmäßig inhaltliche Unterstützung von anderen FOMC Mitgliedern hinsichtlich einer verantwortungsvollen Geldpolitik bekommt. Powells Amtszeit endet ohnehin im Mai 2026 und Bessent wird als ein potenzieller Nachfolger gehandelt. Im Januar wird wohl auch ein weiterer Posten im Führungsgremium der Notenbank durch die Regierung zu besetzen sein. Das ist sehr ernst zu nehmen. Denn es geht hier um eine Wende weg von einer unabhängigen Notenbank um eine Zinswende zu erzwingen. Hier gibt es sehr starke Zweifel, dass dieses am langen Ende der Zinskurve gelingen wird. 

So hat wohl die Bank of England (BoE) Insidern zufolge einige Kreditinstitute aufgefordert, ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber möglichen Turbulenzen beim US-Dollar zu prüfen. Sowas gilt als ein weiteres Zeichen für das erodierende Vertrauen in die USA als Stabilitätsanker der globalen Finanzmärkte unter der Regierung Trump. 

In Anbetracht der astronomischen US-Verschuldung und den Booster aus dem „Big-Beautiful-Bill“ dürfte es aber durchaus Strategie der US-Regierung sein, den Dollar abzuwerten und damit auch die US-Industrie zumindest über die Währung wettbewerbsfähiger zu machen. Was das dann für Auswirkungen auf das künftige Verhalten internationaler Investoren in US Staatsanleihen hat, zeichnet sich ja langsam ab. 

Das ein schwacher Dollar nicht gerade ein Lebenselexier ist für die europäische Exportwirtschaft ist, dürfte eindeutig sein. Hier ist eine Wende hin zu anderen Währungen und Wirtschaftsräumen dringend geboten. Aber auch hierfür braucht die Welt lange. 

Laut einer aktuellen Umfrage der Bank of America (BofA) ist der Optimismus der Investoren für die US-Aktien und die kommende Berichtsperiode weiter hoch. Gleich-wohl berichtet BofA über eine Wende bei der regionale Re-Allokation: Waren europäische Aktien im Januar noch untergewichtet so ist man aktuell gegen die Benchmark mit 20 % übergewichtet. Das ist der beste Wert seit 4 Jahren. Die Topstände bei den US-Aktien werden weiterhin überwiegend durch die Tech-Aktien getrieben. Auffällig ist auch, dass die Zuversicht zu europäischen Small-Caps zunimmt. Glaubten vor kurzem nur 7 % an eine Outperformance der Small-Cap-Titel so ist dieser Wert nun auch 44 % gestiegen. Bemerkenswert ist auch, dass, dieser Sinneswandel durch die Erwartung einer wieder zunehmenden europäischen Integration und der fiskalischen Impulse entstanden ist. 

Irgendwie haben wir darüber ja in den letzten Monaten immer wieder geschrieben. 

Die Kapitalmärkte insgesamt reagieren bisher trotz der angespannten Lage bei den Anleihen aufgrund des vorstehend beschriebenen relativ gelassen auf die potentiellen Risiken. Zu groß war bisher das Risiko sich zu früh abzumelden, weil man eine Trendwende erwartete. Ob das weiterhin so bleibt? Der Anstieg bei den Kupons hat jedenfalls den Markt für KMU-Unternehmensanleihen wieder einmal reüssieren trotz aller Unkenrufe, dass sie tot seien. Darüber freuen wir uns. Und das ist keine Wende. 

Zu mwb:
Die mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank AG ist ein von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs-aufsicht (BaFin) zugelassener Wertpapierdienstleister mit Niederlassungen in Gräfelfing bei München, Hamburg, Hannover, Frankfurt und Berlin. Das Unternehmen wurde 1993 gegründet. 1999 erfolgte der Börsengang. Heute ist die mwb-Aktie (ISIN DE000A3EYLC7, WKN A3EYLC) an der Börse München im Segment m:access notiert wie auch im Freiverkehr an den Börsen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt (Basic Board), Hamburg und Stuttgart. mwb ist in zwei Geschäftsbereichen aktiv: Wertpapierhandel und Corporates & Markets. Im Wertpapierhandel betreut mwb gut 51.000 Orderbücher für deutsche und inter-nationale Wertpapiere. Dabei handelt es sich sowohl um Aktien als auch um festverzinsliche Wertpapiere und offene Investmentfonds. Damit ist mwb einer der größten Skontroführer in Deutschland.

www.fixed-income.org


 

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